Care-Plattformen: Glitches of digital matching and actual platformization

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 5
Autor*innen
Franziska Baum (Universität Hamburg)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag fragt nach der Actual Existing Platformization von Care: Welche Möglichkeiten der digitalen Vermittlung nutzen Sorgearbeiter*innen? Welche geographischen Muster lassen sich anhand von Care-Plattformprofilen und Aussagen von 12 selbstständigen Care-Arbeiterinnen rekonstruieren

Abstract

Care-Plattformen stehen gerade in der Humangeographie paradigmatisch für eine Veränderung der Landscapes of Care. Sie stehen für einen technologischen Wandel in der Organisation von Care-Beziehungen, die meist negativ bewertet wird, so z. B. wird kritisiert, dass Care zur bestellbaren Ware wird und die körperlichen und menschlichen Aspekte negiert, Care dehumanisiert werde (Strüver 2021). Doch welche Aspekte der Care-Beziehungen und Care-Landscapes werden durch und mit Plattformen, die vermeintlich kurzfristige Betreuungsjobs anbieten tatsächlich digital und weniger human? Stimmt diese Diagnose aus Sicht derjenigen, die eine Versorgung durch selbstständige Arbeit anbieten und dafür auch Franchise-Unternehmen, Arbeitsplattformen und die Möglichkeiten der Vermittlung über das Internet nutzen?

Unstrittig erscheint der riesige Bedarf an Care-Arbeitskraft, der als Grundlage für den business case Care-Plattform dient. Die Allgegenwärtigkeit der Care-Krise, bzw. der sich überlagernden Krisen, bringt verschiedenen Care- und Techno-Fixes hervor, um die Sorgelücken ad-hoc zu schließen (Dowling 2021): Care-Plattformen lassen sich als ein solcher Fix verstehen (Dowling 2022). Gleichwohl ist offen, inwiefern sie tatsächlich die Sorgebeziehungen verändern, oder die landscapes of care umstrukturieren. Mit dem Konzept der Actual Existing Platformization (VanDoorn/Mos/Bosma 2022) lässt sich konkreter danach fragen, welche Prozesse des Sorgetragens mit Arbeitsplattformen digitaler werden und welche Prozesse vielmehr nur als digital imaginiert werden. Auf Basis einer Befragung von 12 selbstständigen Betreuungskräften, die auch Plattformen, Franchises und die digitale Vermittlungsmöglichkeiten des Internets nutzen, soll der Beitrag darlegen, welche Technologien Einzug in die Care-Landschaft Privathaushalt finden. Inwiefern nutzen selbstständige Sorgearbeiter*innen Kommunikationstechnologien, welche Vorteile und Glitches beschreiben sie im Umgang mit Plattformen und Software von Franchise-Gebern?

Anhand der Interviews wird deutlich, wie aktuelle Landscapes of Semi-professional Care rund um die Unterstützung im Privathaushalt durch Zugang zu cash-for-care-Finanzierungen und damit verbundene Geographien strukturiert sind. Der Beitrag wertet dafür neben Interviews einen Datensatz von ca. 2000 Plattform-Profilen aus, um deren geographische Verteilung zu verdeutlichen. Die Interviews zeigen, dass gerade der Stadtrand ein attraktiver Standort aus der Perspektive der Arbeiter*innen sein kann. Gleichwohl haben die Matching-Algorithmen hier keinen Mehrwert, da sie weder Landesgrenzen, noch ÖPNV oder natürliche Grenzen wie Flüsse oder Kieze berücksichtigen: Dies macht den Vorteil der Kundengewinnung via Plattformen aus Sicht der Tätigen wieder zunichte.