Community Land Trusts: Eine globale Bewegung?

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 3.101
Autor*innen
Corinna Hölzl-Verwiebe (Humboldt-Universität zu Berlin)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag diskutiert, welche Bedeutung insbesondere multiskalare und netzwerkbezogene Strategien für Community Land Trust Pioniere (vor allem in Europa) spielen und wodurch sich deren sozialer Bewegungsraum auszeichnet.

Abstract

In den letzten 15 Jahren lässt sich international ein Wachstum von community-basierten marktfernen Wohnmodellen bzw. Housing Commons beobachten. In diesem Feld zählen Community Land Trusts (CLTs) inzwischen zu den international besonders sichtbaren Modellen. CLTs entziehen sich durch das System einer geteilten Eigentümerstruktur zwischen Land und Immobilie weitgehend der marktorientierten Verwertungslogik und stellen demokratisch organisiert leistbaren Wohnraum bereit, wobei die konkrete Ausgestaltung einzelner CLT-Projekte teilweise sehr unterschiedlich ausfällt (Baldwin 2016). Die meisten CLTs befinden sich in den USA, Kanada und England. Inzwischen gibt es jedoch auch Beispiele in Australien, Puerto Rico, Brasilien oder Kenia; und ausgehend vom ersten CLT auf dem europäischen Festland (CLT Brüssel) etabliert sich kürzlich das Europäische CLT-Netzwerk (Davis/Algoed/Hernández-Torrales 2020).

Im Rahmen der Erforschung von Housing Commons fällt auf, dass die translokale Vernetzung von transformativen zivilgesellschaftlichen Lösungsansätzen auf dem Wohnungsmarkt mit Ausnahmen, etwa der Untersuchung translokaler Assemblagen von Wohnungsbewegungen (McFarlane (2009), bislang kaum untersucht ist. An dieser Stelle eröffnet sich eine Forschungslücke hinsichtlich der multiskalaren Vernetzung und Mobilisierung von Praktiken und Akteuren, die der vorliegende Beitrag aufgreift. Ziel ist es die Hintergründe, Mechanismen und Funktionsweise der internationalen Mobilisierung von CLTs und damit verbundene multiskalare Netzwerke aufzudecken, und sichtbar zu machen, welche sozialen Bewegungsräume im Kontext von marktfernen Graswurzel-Immobilienakteuren geschaffen werden.

Methodisch basiert die Analyse des Europäischen Community Land Trust Netzwerks auf einem multiskalaren und multilokalen Fallstudiendesign. Zu den Erhebungsmethoden zählen neben der Berücksichtigung unterschiedlicher Dokumentarten 20 qualitative Interviews mit Mitgliedern des European CLT Networks, CLTs weltweit, internationalen NGOs, Stiftungen und Verbänden sowie teilnehmende Beobachtungen an internationalen Meetings, Informationsveranstaltungen und Konferenzen (Erhebungszeitraum 4/2022-3/2023). Räumlichkeitsbezogene Elemente der sozialen Bewegungsforschung sowie Bezüge zu sozialer Innovationsforschung dienen der konzeptuellen Einbettung der Analyse.

Erste Ergebnisse deuten u.a. an, dass CLTs im Sinne von convergent spaces (Cumbers et al. 2008) nicht nur eine transnationale Solidarität eint, sondern – etwa im Unterschied zur jüngeren Entwicklung neuer Genossenschaftsstrukturen – explizit community-orientierte Werte zum Ausdruck bringen und globale Zugehörigkeit artikulieren. Dies ist auch angesichts der hohen Bandbreite der rechtlich-organisatorischen Auslegung des Modells, die die Adaption an jeweils spezifische lokale Rahmenbedingungen mit sich bringt, bemerkenswert.