Corona als Turbo für Geschlechtergerechtigkeit: Weibliche Beteiligung bei digitalen, kommunalen Planungen

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 18:15–19:45
Sitzungsraum
HZ 7
Autor*innen
Melanie Piser (Leibniz Universität Hannover)
Kurz­be­schreib­ung
Frauen sind in der ländlichen Kommunalplanung immer noch unterrepräsentiert. Durch Corona haben sich neue digitale Möglichkeiten ergeben, die eine Chance sein können, mehr Frauen in den Beteiligungsprozess einzubinden. Untersuchungen an LEADER-Regionen zeigen erste Ergebnisse.

Abstract

Politik- und sozialwissenschaftliche Untersuchen zeigen, dass es in Beteiligungsprozessen immer noch ein Ungleichgewicht gibt. Der durchschnittliche Partizipant ist eher männlich, bereits im fortgeschrittenen Alter, gut gebildet, wohlhabend und einheimisch. Die übrigen Gruppen, zu denen Frauen, Jugendliche und jüngere Menschen gehören sowie bildungsferne, einkommensschwächere und migrierte Menschen, gehören eher zur sogenannten „partizipatorischen Minderheit“. Jedoch betreffen diese Gruppen die kommunal getroffenen Entscheidungen ebenso.

In diesem Beitrag soll der Fokus auf Frauen liegen und der Frage nachgegangen werden, inwiefern digitale Partizipationsmaßnahmen zur Einbindung von Frauen geeignet sind. Dabei werden die endogenen und exogenen Faktoren beleuchtet, die von einer Beteiligung abhalten sowie ob und wie sich die Teilnahme von Frauen durch digitale Angebote verändert. Die Untersuchung wird in EU-geförderten LEADER-Regionen durchgeführt. Diese Förderschiene legt viel Wert auf innovative Bottom-Up-Ansätze aus der Bevölkerung und ist offen gegenüber informellen Ansätzen. Dazu werden Daten einerseits durch Expert*inneninterviews mit LEADER-Manager*innen und andererseits mithilfe Fragebögen, die an die breite, weibliche Teilnehmerschaft verteilt werden, erhoben. Dadurch ergibt sich ein mehrdimensionales Bild seitens der Verwaltung und der Bevölkerung.

Erste Ergebnisse zeigen, dass Corona einen Turbo-Effekt auf den Einsatz digitaler Methoden hatte. Einstige Vorbehalte mussten notgedrungen abgebaut werden und so waren alle Generationen bereit, die Neuerungen anzunehmen. Der Adressatenkreis hatte sich durch die Ortsunabhängigkeit erweitert, angefangen von einer Studentin im Auslandssemester, über den beruflich in die große Stadt gezogenen Familienvater, bis hin zu den Großeltern mit den Enkelkindern. Dadurch erhielt auch die Themenvielfalt ein breiteres Spektrum. Methodisch versuchte man das analoge Konzept ins Digitale zu übersetzen, mithilfe verschiedener Plattformen. Der inhaltliche Output der digitalen Veranstaltungen war enorm, weil die Stimmabgabe unkompliziert war und die Ergebnisaufbereitung schneller und einfacher ging. Laut der LEADER-Manager*innen haben sich mehr „partizipatorische Minderheiten“, also auch Frauen eingebracht, da durch den Online-Termin der Zeitdruck wegfiel, was eine der größten Hürden darstellt. Den befragten Frauen fiel es leichter, den Spagat zwischen Beruf, Familie und Engagement zu meistern. Ebenfalls empfanden sie den Meinungsbildungsprozess als integrativer und strukturierter. Zusammenfassend lautet die Einschätzung der Befragten, dass eine Kombination der Methoden mit einer guten Einbettung und Moderation zukunftsweisend ist und noch viel Potential bietet.