Corporeo-Cartographies: Urbane verkörperte Geographien obdach- und wohnungsloser Frauen

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
HZ 15
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Mithilfe der Kartierung von Körper-Territorien (Cuerpo-Territorio) lenkt dieser Beitrag die Aufmerksamkeit auf die verkörperten und emotionalen Geographien obdach- und wohnungsloser Frauen in Bezug auf ihre komplexen Verstrickungen mit städtischen Machtverhältnissen und entwickelt daraus den Zugang zu Corporeo-Cartographies.

Abstract

“Of all the silences that I encountered […] the silence of bodies was the loudest. […] Bodies have so many stories to tell, but they are bound, gagged the tightest, bludgeoned, disciplined the hardest […].” (Raghavan 2017, 2).

Obdach- und wohnungslose Körper werden häufig im Kontext gesellschaftlicher oder sozialräumlicher Un/Sichtbarkeit, Präsenz oder Absenz diskutiert. Während der Fokus dabei im Kontext der Geographien der Obdach- und Wohnungslosigkeit auf Politiken des Zählens, Kontrollierens, Verwaltens oder Entfernens gelegt wird, werden obdach- und wohnungslose Menschen und ihre Körper als Träger von unter anderem urbanen Wissens meist übersehen. Dabei wird dem „homeless body“ (Kawash 1998) durchaus in zahlreichen sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzungen Bedeutung zugemessen. Der Beitrag dockt an existierende Debatten um Körper und Obdach- und Wohnungslosigkeit an (z. B. May et al. 2007, Strüver 2022) und konzentriert sich dabei auf das gegenderte Verhältnis zwischen Stadt und Körper, wie es empirisch von drei obdach- und wohnungslosen Frauen aus drei verschiedenen Städten erlebt wird. Obwohl gerade Kartierungen bis heute immer wieder dazu beitragen, obdach- und wohnungslose Körper als aggregierte Daten und Dots im Raum zu repräsentieren, gehen die empirischen Einblicke auf einen partizipativen Kartierungsworkshop zurück. Mithilfe des lateinamerikanischen dekolonialen feministischen Ansatzes der Kartierung von Körperterritorien (Cuerpo-Territorio) lenkt dieser Beitrag die Aufmerksamkeit auf die emotionalen und verkörperten Geographien obdach- und wohnungsloser Frauen in Bezug auf ihre komplexen Verstrickungen im urbanen Raum und mit städtischen Machtverhältnissen. Ausgehend von den Erkenntnissen und Ergebnissen dieses Workshops, der in pandemischen Zeiten durchgeführt wurde, diskutiert der Beitrag unterschiedliche Dimensionen der verkörperten Geographien der Obdach- und Wohnungslosigkeit und wirft entlang der daraus entwickelten Corporeo-Cartographies relevante Fragen nach zukünftigen Forschungen und deren theoretischen, methodologischen als auch ethischen Ausrichtungen auf.

Literatur

Kawash, Samira. 1998. “The Homeless Body.” Public Culture 10 (2): 319–39.

May, Jon, Paul Cloke, and Sarah Johnsen. 2007. “Alternative Cartographies of Homelessness: Rendering Visible British Women’s Experiences of ‘Visible’ Homelessness.” Gender, Place & Culture 14 (2): 121–40.

Raghavan, Anjana. 2017. Towards Corporeal Cosmopolitanism: Performing Decolonial Solidarities. London, New York: Rowman & Littlefield International Ltd.

Strüver, Anke. 2022. Körper. In: Bernd Belina, Matthias Naumann & Anke Strüver (ed.): Handbuch Kritische Stadtgeographie. 5. Auflage. Münster: Westfälisches Dampfboot, 285-290.