Das Gespenst des Systems: Humboldt zwischen Systemdenken und Systemkritik
Abstract
In einer langen Reihe unterschiedlichster Ideen, stellt das Planetare Denken einen erneuten Versuch dar, sowohl Welt als auch Wissen umfassend zu konzeptualisieren. In dieser Hinsicht steht es in der Tradition Alexander von Humboldts, der mit seinem ‚Weltgemälde‘ den ganzheitlichen Entwurf einer physischen Weltbeschreibung vorgelegt hat. Im Zuge dessen musste sich Humboldt unter anderem mit der vielgestaltigen Metapher (Blumenberg) des ‚Systems‘ auseinandersetzen, deren Ursprung bis auf die griechische Antike zurückgeht. Angefangen bei einer dezidiert ganzheitlichen Konnotation unter den Stoikern, über die ‚systema mundi‘ (Weltbau, Weltgebäude) eines Kopernikus‘ oder Keplers bis hin zu der ‚systema naturae‘ (Natursystem) eines Lamberts oder Linnés entfaltet das System eine der reichhaltigsten Bedeutungspaletten zum Umgang mit Welt und Wissen. Dabei beschäftigt sich Humboldt nicht nur in historisch-rezipierender Weise mit den Formen des Systems oder dem System der Formen; durch seine kritisch-reflexive Herangehensweise, die in bester Manier die Tradition der Systemkritik mitgeschrieben hat, gewinnt sein eigenes Projekt des Kosmos an Kontur.
Der Vortrag geht den langen Entwicklungslinien des Systems und der Systemkritik am Beispiel Humboldts nach und schlägt dabei einen Bogen von der Antike über Neuzeit und Romantik bis zum heutigen Ausgang aus der Moderne. Dabei stellt er exemplarisch das Systemdenken wegweisender Naturforscher heraus und verdeutlicht daran den spezifischen Standpunkt Humboldts.