Der Einfluss von Erklärvideos auf den Prozess des Erklärens bei Lehramtsstudierenden am Beispiel geowissenschaftlicher Geländemethoden
Abstract
Als fachliche Kompetenzen in der Lehrkräftebildung werden unter anderem die Informationsbeschaffung im Gelände sowie durch Medien und die adressatengemäße Präsentation gefordert (KMK 2008, 31). Geländemethoden haben die systematische Erfassung, Dokumentation und Analyse beobachtbarer Prozesse und Strukturen auf der Erde zum Ziel und sind daher nicht nur fachwissenschaftlich relevant, sondern auch für die Wissenschaftspropädeutik im Fach Geographie geeignet (Falk 2015, 150). Das Erklären gilt als bedeutende Fähigkeit beziehungsweise Kompetenz einer Lehrperson (Aff & Schopf 2017, 14), die als Konstrukt unterschiedlich konzeptualisiert und erfasst wird (Findeisen 2017, 3). Die Synopse von 24 ausgewählten Studien (ebd., 124-125) deutet auf Schwierigkeiten angehender Lehrkräfte beim Erklären hin, die in der Regel auf Defizite im fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Wissen zurückzuführen sind. Das Erklären gilt aber generell als erlernbar (Kulgemeyer 2013, 3). Erklärvideos sind ein beliebtes Werkzeug der Informationsbeschaffung (Bitkom 2017) und haben positive Effekte auf kognitive sowie nicht-kognitive Merkmale wie z. B. Lernmotivation (Findeisen, Horn und Seifried 2019, 29).
Für angehende Lehrpersonen können Erklärvideos zu geowissenschaftlichen Geländemethoden zur Aneignung dieser Methoden und als Modell für das Erklären dienen. Das Ziel der Arbeit ist es, die Nutzung und den möglichen Einfluss solcher Erklärvideos auf den Prozess des Erklärens bei Lehramtsstudierenden zu untersuchen.
Im Jahr 2019 wurde eine Ex post facto-Untersuchung mit 30 Lehramtsstudierenden des Fachs Geographie durchgeführt, wobei die Proband*innen jeweils die Aufgabe hatten, sich mit den Erklärvideos zu zwei Geländemethoden vorzubereiten, um diese anschließend durchzuführen und für eine fiktive Adressatengruppe der Klassenstufe 9 zu erklären. Die Performanz der Proband*innen wurde sowohl während der Vorbereitung als auch während der Durchführung und Erklärung der Geländemethoden videographiert. In einem begleitenden und in einem wenige Wochen nachfolgenden Interview sollten die Proband*innen ihre Leistung, den Nutzen und die Rolle des jeweiligen Videos für diesen Lern- und Erklärprozess reflektieren. Die Auswertung erfolgt mithilfe der inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018, 97-121). Der Einfluss der Erklärvideos manifestiert sich bei den Erklärungen im Grad der Reduktion und in der Ähnlichkeit zum Erklärvideo. Die Analyse der Reflexionen zeigt, dass ein geringes Lernpotenzial, vor allem in Bezug auf Fachwissen, Lernmotivation und Selbstwirksamkeitserwartungen, bei einem Teil der Proband*innen zu einem stärker reproduzierenden Erklären und bei einem anderen Teil zu einer starken Reduktion des Erklärungsinhalts führt. Demgegenüber dienen die Erklärvideos den Proband*innen mit hohem Lernpotenzial als Anregung und Ausgangspunkt für Ergänzungen und Anpassungen beim adressatengerechten Erklären.