Der „utopische Standort“ und eine anthropologische Wahrheit des Menschen: Die Nichtbalance von ‚planetarer Verantwortlichkeit‘ und überschießendem Drang nach individuellem Lebensvollzug
Abstract
„I get up every morning determined to both change the world and have one hell of a good time. Sometimes this makes planning my day difficult“ (E. B. White). Der Mensch spürt als unentrinnbarer Bewohner unserer Erde einerseits eine tiefe irdische Verbundenheit und leibliche Verantwortlichkeit um das planetarische Wohl in einer nicht nur ökologisch bedrohten Gegenwart und Zukunft. Diese leiblich-terrestrische conditio humana wird durch vielfältige Krisensemantiken unentwegt – und vielfach moralisierend – im menschgemachten Zeitalter des ‚Athropozän‘ ‚angerufen‘. Andererseits hat der Mensch eine unstillbare Notwendigkeit nach – zuweilen überschießendem und maßlosem – Lebensvollzugsdrang, der letztlich nicht rein moralisch (und auch nicht ausschließlich verantwortungsethisch) ‚eingehegt‘ werden kann. Dieser bricht regelmäßig und teils dramatisch als ungezügelte Leidenschaft(en) auf, darauf haben Nietzsche und Freud ihre Theorien aufgebaut, weil diese Nichtbalance eben auch eine anthropologische Wahrheit des Menschen ist. Der Kurzbeitrag möchte dieses unauflösbare anthropologische Spannungsverhältnis eines „utopischen Standorts“ (Plessner) in den Blick nehmen, mittels einer philosophisch-anthropologischen Einordnung begründen und für die Vermittlung Geographischen Denkens und Tuns fruchtbar machen.