Die Nordsee: Eine wertvolle Ressource

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 18:15–19:45
Sitzungsraum
SH 1.109
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag analysiert die Nordsee als imaginierte Ressource und vor diesem Hintergrund Praktiken der Umwelt-Verantwortlichkeiten von Anrainerstaaten gegenüber der natürlichen Entität Nordsee.

Abstract

Die Nordsee, eines der meistgenutzten Meere der Welt, wird zeitlich, räumlich und normativ auf verschiedenen Arten konstruiert und wird so unterschiedlich imaginiert als Ressource verhandelt. Neben der großen Kategorie der Nutzung der Meere drängt gleichzeitig die Kategorie des Schutzes derselben in den Vordergrund: Eine neue Perspektive zum weltweiten Meeresschutz hat an Popularität durch die ausgerufene UN-Ocean-Dekade gewonnen. Die Vision für die globalen Meere wird unter dem Motto „The science we need for the ocean we want“ geführt. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer kritischen Auseinandersetzung mit der Frage: wer verantwortet die Meere?

Eigene qualitativ-empirische Daten zu Umweltschutz-Praktiken der Anrainerstaaten gegenüber der natürlichen Entität der Nordsee werden im Rahmen von Konzepten transnationaler Verantwortung aus Philosophie (Forst 2019) und Rechtswissenschaften (Seibert-Fohr; Vogt 2020) interpretiert, um eine humangeographische Übersetzung in Räumlichkeiten transnationaler Verantwortlichkeiten zu ermöglichen.

Im Untersuchungsdesign werden zunächst zwei Verständnisse der Nordsee zugrunde gelegt und betrachtet: Die Nordsee a) als Globales Gut und b) als bedeutungsvolle Umwelt. Diese sehr unterschiedlichen Paradigmen erfahren in ihrer jeweiligen Aushandlung durch technologische und damit einhergehende rechtliche Transformationen tiefgreifende und fortschreitende Veränderungen (Manzo et al. 2022), weshalb sich als drittes Verständnis die Nordsee c) als digitaler Raum anschließt.

Zur Veranschaulichung wird das Projekt der EU „Destination Earth“, ein Digital Twin (DT) der gesamten Erde, betrachtet. Unter dem Motto „Digital Twin Ocean“ sollen die Meere, ebenfalls als DT, in „Destination Earth“ integriert werden.

Das Verständnis der Nordsee als digitaler Raum stellt eine Art synoptisches Paradigma der ersten beiden vor. Dieser zeichnet eine utopische Nachhaltigkeit, wodurch Mensch-Umwelt-Beziehungen in der Zukunft und damit auch in der Gegenwart beeinflusst werden. In dem Werk Climate Change (Hulme 2022) werden die Kategorien des Governing Climate, Futuring Climate sowie Climate Imaginary zusammengeführt, wodurch eine Entschlüsselung von Umweltpolitiken und -narrativen ermöglicht wird. Damit entsteht die Möglichkeit auf einer qualitativen Metaebene Zugehörigkeiten und damit verbundene Normative verschiedener Akteursgruppen herauszustellen.

Für eine humangeographische Übersetzung transnationaler Verantwortungsansätze erhält der Schlüsselbegriff der Räumlichkeiten eine elementare Bedeutung. Dieser liefert einen wertvollen Beitrag in der Diskussion von Ressourcen, um mögliche Herausforderungen (Manzo et al. 2022) transnationaler Verantwortlichkeiten (z. B.: Aushandlung multipler normativer Perspektiven) vor dem Hintergrund technologischer Transformationen zwischen verschiedenen Ebenen und Akteursgruppen herauszustellen.