DIGIPART: Beteiligungsprobleme digital gelöst?

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 3.104
Autor*innen
Sarah Karic (JLU Gießen)
Christin Juliana Müller (JLU Gießen)
Kurz­be­schreib­ung
Das Projekt DIGIPART untersucht den Einsatz digitaler Partizipation in politischen Planungsprozessen. Es werden Ergebnisse einer flächendeckenden Untersuchung digitaler Partizipationsverfahren in Deutschland sowie der Entwicklung eines E-Partizipationsökosystems für Baden-Württemberg vorgestellt.
Schlag­wörter
Bürger*innenbeteiligung, Partizipation, Stadtentwicklung, Planung, Digitalisierung

Abstract

Im Zuge des Communicative Turn in den 1980er Jahren wurde Bürger*innenbeteiligung in der Stadt- und Raumplanung ein relevantes Thema für Forschung und Praxis. Der Einsatz informeller Beteiligungsmethoden führte dazu, dass Partizipation auch in Stadt- und Regionalentwicklungsprozessen eine zunehmende Bedeutung hatte. Jedoch zeigt sich weiterhin, dass konventionelle Bürger*innenbeteiligung mit Problematiken verbunden ist. Während Bürger*innen mehr Beteiligung einfordern mangelt es häufig an Partizipationsinteresse, welches erst später bei gesunkenem Einflussspielraum ansteigt. Dementsprechend gehen Beteiligungspotential und tatsächliches Beteiligungsinteresse auseinander und es entstehen Konflikte. Zudem weist Partizipation eine hohe soziale Selektivität auf, sodass nicht die Breite der Bevölkerung repräsentiert wird. Auch die Einbettung der Beteiligung in den gesamten Planungsprozess und die Berücksichtigung der Ergebnisse ist oftmals unklar oder fehlt. Diese unzureichende Etablierung von Partizipation verdeutlichten die Bürgerproteste um Stuttgart 21.

Vor diesem Hintergrund lag eine große Hoffnung in der Etablierung digitaler Partizipationsformate (u. a. E-Partizipation, digitale Partizipation) auf Basis von Internet und Informations- und Kommunikationstechnologien, die in den späten 1990er Jahren entstanden und sich seit der Jahrtausendwende weiterentwickeln und etablieren. Neben eher klassischen Formen wird Partizipation heute über Social Media, mobile Apps, Virtual Reality und GIS ermöglicht. Zudem werden digitale Partizipationselemente mit analogen Formaten verbunden, um Vorteile beider Kanäle zu nutzen, was unter dem Begriff der Multi-Channel, blended oder hybriden Partizipation gefasst wird. Außerdem hat die Covid-19-Pandemie kürzlich einen starken Entwicklungsimpuls für den Einsatz digitaler Beteiligung gegeben.

Vor diesem Hintergrund wird in dem DFG-geförderten Forschungsprojekt „DIGIPART: Beteiligungsprobleme digital gelöst? Multi-Channel-Partizipation an den drei kritischen Schnittstellen des politischen Planungsprozesses“ untersucht, ob und inwieweit digitale und hybride Partizipation die klassischen Defizite analoger Bürger*innenbeteiligung vermindern kann und wie sich digitale Partizipationsverfahren in den politischen Planungsprozess integrieren. Im Rahmen des Vortrags werden erste Ergebnisse aus dem Projekt vorgestellt. Es wird ein flächendeckender Überblick über digitale Partizipationsverfahren in Deutschland und deren räumliche Verteilung gegeben. Anschließend werden Ergebnisse einer Expert*innenbefragung zu den eingesetzten Ressourcen, Methoden und Ergebnissen vorgestellt. Des Weiteren werden abschließende Ergebnisse eines Forschungsvorhabens zu Anspruch und Wirklichkeit eines E-Partizipationsökosystems in Baden-Württemberg auf Basis von leitfadengestützten Interviews und qualitativen Probandentests vorgestellt. Es wird ein Überblick über ein entwickeltes Framework und zentrale Handlungsempfehlungen gegeben.