Disruption: Wenn Zukunftserwartungen zusammenbrechen

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 0.107
Autor*innen
Oliver Ibert (Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS))
Kurz­be­schreib­ung
Die COVID Pandemie hat der Menschheit aufgezeigt, dass Handeln unsicher wird, wenn Zukunftserwartungen schlagartig zusammenbrechen. Der Vortrag konzipiert derartige ereignishafte Sinnzusammenbrüche als Disruptionen. Welche Konsequenzen hat es für Resilienz, Krisen und Planung, wenn in Zukunft mit neuen Disruptionen zu rechnen ist?
Schlag­wörter
Disruption, Resilienz, Krise, Planung

Abstract

Handeln in der Gegenwart verbindet Erfahrungen aus der Vergangenheit und bezieht diese auf Erwartungen über die Zukunft (Emirbayer & Mische, 1998). Auch wenn soziale Akteure wissen, dass sie die Zukunft nicht kennen, müssen sie, um zu entscheiden und zu handeln, Erwartungen über die Zukunft herausbilden. Jens Beckert spricht hierbei von „fiktionalen Erwartungen“ (2016), da die handelnden Akteure zum Zeitpunkt ihrer Formierung nicht wissen können, als wie zutreffend ihre Erwartungen sich herausstellen werden. Handeln erfordert also in anderen Worten eine Zuversicht, zu wissen was eigentlich nicht gewusst werden kann. Um das Handeln in der Gegenwart zu ermöglichen muss gleichsam so getan werden, als ob die Zukunft den Erwartungen entsprechen wird. Ob diese Erwartungen akkurat waren oder nicht, wird sich erst im Nachhinein erwiesen haben.

Ein Blick in die jüngere Vergangenheit lenkt den Blick auf Ereignisse, wie zuletzt die COVID Pandemie oder der Angriffskrieg auf die Ukraine, die der Menschheit aufgezeigt haben, wie unberechtigt diese Zuversicht sein kann. In dem Vortrag werden ereignishafte und angesichts der eigenen Zukunftserwartungen überraschende Sinnzusammenbrüche als Disruptionen konzipiert. Disruptionen verursachen in der Gegenwart fundamentale Unsicherheit aufgrund von sich nicht bewährenden Erwartungen über die Zukunft und sie erfordern eine radikale Neuinterpretation der Vergangenheit. Der Vortrag geht der Frage nach, welche Konsequenzen es hat, wenn angenommen werden muss, dass in Zukunft weitere Disruptionen wahrscheinlich auftreten werden. Der Vortrag analysiert die Implikationen für in der Humangeographie prominent diskutierte Strategien wie die Steigerung von Resilienz und der Umgang mit Krisen.