Ethisch vertretbare und faire Anwerbung von Pflegefachpersonen aus Drittstaaten als Grundstein guter und nachhaltiger Arbeit
Abstract
Für viele Pflege- und Gesundheitseinrichtungen ist zunehmend die Auslandsrekrutierung von Pflegepersonal eine Möglichkeit, den drohenden Versorgungsengpässen entgegenzutreten. Oft machen sie sich dabei nicht allein auf den Weg, sondern beauftragen dazu eine Personalvermittlungsagentur. Diese unterstützt den zukünftigen Arbeitgebenden i.d.R. bei der Kontaktaufnahme, der Auswahl, dem Spracherwerb und der Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses in Deutschland. Wanderungsbewegungen beruflich Pflegender zwischen Ländern haben in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich zugenommen (International Council of Nurses 2019 a, 2019 b).
Doch wie kann der Anwerbe- und Vermittlungsprozess so gestaltet werden, dass zum einen Pflegefachpersonen aktiv in den Prozess mit einbezogen werden und souveräne Entscheidungen treffen können und zum anderen der gesamte Prozess an sich fair und nachhaltig gestaltet wird, sodass ein gutes Arbeiten und Leben in Deutschland möglich ist? Im Jahr 2021 wurde ein Gütezeichen „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ eingeführt. Ein Anforderungskatalog führt in vier Bereichen Kriterien für eine ethisch vertretbare Anwerbung und mehr Transparenz im Vermittlungsprozess ein. Die Schriftform für die Überprüfbarkeit, die Unentgeltlichkeit des Vermittlungsprozesses für Pflegefachpersonen sind neben der Transparenz im gesamten Prozess und einer nachhaltigen, partizipativen Gestaltung der Prozesse als Grundprinzipien maßgeblich.
Eine gelingende Integration ist Voraussetzung für die nachhaltige Anwerbung und Beschäftigung internationaler Pflegefachpersonen. Hier kommt den Arbeitgebenden ein großer Stellenwert zu. Das Gütezeichen fordert ein betriebliches Integrationsmanagementkonzept, welches 15 vorgegebene Handlungsfelder umfasst, ein – dies muss der interessierten Pflegefachperson mit dem Arbeitsplatzangebot des zukünftigen Arbeitgebenden vorgelegt werden. Diese erstrecken sich von der fairen und transparenten Gestaltung des Anwerbeprozesses, der Organisation des Anerkennungsprozesses über die Ermöglichung gesellschaftlicher Teilhabe (DKF 2023). Ziel ist es, dass die Pflegefachperson eine souveräne Entscheidung treffen kann, ob sie das Angebot annehmen möchte. Insbesondere für Arbeitgebende im ländlichen Raum kann dies im Hinblick auf die Arbeitgeber*innen-Attraktivität ein entscheidender Hebel sein, um sich strategisch für die Herausforderungen des weiter fortschreitenden Personalmangels aufzustellen. Hilfestellungen bietet der Werkzeugkoffer Willkommenskultur & Integration des Deutschen Kompetenzzentrums für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF).
Deutschland steht im harten Wettbewerb mit vielen anderen Staaten des globalen Nordens. In den USA, Großbritannien oder Kanada locken ein höheres Gehalt und die direkte Berufsanerkennung. Ob das Gütezeichen ein effektives Steuerungsinstrument für nachhaltige Anwerbeprozesse ist, wird derzeit in einem Promotionsprojekt erforscht.