Extrem rechte Raumproduktion im Kontext ruraler Populismen

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
SH 0.101
Autor*innen
Simon Krugmann (TU Berlin)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag stellt empirische Forschung zu räumlichen Praxen extrem rechter Akteur*innen in Sachsen-Anhalt vor. Die Untersuchung zeigt Überschneidungen zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in den Perspektiven auf und Konstruktionen von ländlichen Räumen und des Stadt-Land-Gegensatzes.
Schlag­wörter
Raumproduktion, Place-Making, Rechtsextremismus, Ländlicher Raum

Abstract

In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist in Deutschland (sowie darüber hinaus) nicht nur ein Erstarken rechtspopulistischer, sondern auch extrem rechter Parteien, Bewegungen und Akteur*innen zu beobachten. Auf inhaltlicher, strategischer und personeller Ebene zeigen sich dabei neben Unterschieden auch eklatante Überschneidungen zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Zu letzteren zählt insbesondere die Perspektive auf ländliche Räume und den Stadt-Land-Gegensatz. Vor diesem Hintergrund kann eine Erforschung rechtsextremer Akteur*innen und Aktivitäten im Kontext ländlicher Räume die Auseinandersetzung mit ruralem Populismus erweitern und wichtige Impulse liefern.

In diesem Beitrag möchte ich deshalb meine empirische Forschung zu räumlichen Praxen extrem rechter Akteur*innen vorstellen, die ich im Rahmen meiner Bachelorarbeit 2021 durchgeführt habe. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Bedeutung von Raumproduktionen und der Bedeutung von Räumen und räumlichen Strategien im Rechtsextremismus steht die Frage im Zentrum, inwiefern Rechtsextreme Raum als Werkzeug nutzen und inwiefern sich dies mit ruralem Populismus in Verbindung setzen lässt.

Für die Untersuchung wurde auf der Basis kritisch-materialistischer Raumforschung eine empirische Untersuchung des Ortes Schnellroda in Sachsen-Anhalt durchgeführt, an dem sich wichtige Personen und Institutionen der deutschen Neuen Rechten konzentrieren. Dabei wurden mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse Dokumente ausgewertet, die zu einem Teil von neu-rechten Akteur*innen in Schnellroda selbst und zu einem weiteren Teil aus überregionalen Tages- und Wochenzeitungen sowie öffentlich-rechtlichen Radiosendern stammen.

Die Auswertung des empirischen Materials zeigt, dass im untersuchten Fallbeispiel Rechtsextreme einen Raum produzieren und einen existierenden Raum fundamental verändern sowie durch Place-Making einen konkreten Ort mit spezifischen, geteilten Bedeutungszuschreibungen herstellen. Zentrales Ergebnis der Auswertung im Kontext von ruralem Populismus ist hierbei der Kontrast zwischen dargestellter Intellektualität auf der einen sowie als ursprünglich und bodenständig inszeniertem und konstruiertem Landleben auf der anderen Seite. Die Raumproduktion und Place-Konstruktion scheinen dabei insofern auch als Werkzeug genutzt zu werden, als dass Raum und die diesem zugeschriebenen Bedeutungen handlungsleitende Funktion besitzen und als Mittel, Strategie und Argument fungieren und so auch darin unterstützen, politische Ziele zu erreichen.