Flüchtige Zukünfte
Abstract
„Krisen sind Momente möglicher Veränderungen, aber die Art ihrer Lösung ist nicht festgeschrieben” (Hall 2010: 57; eigene Übersetzung). Ausgehend von Stuart Halls Verständnis von Krisen, widme ich mich der zunehmenden Festschreibung von Zukunftspfaden in Zeiten multipler, sich überlappender Krisen. Hierbei betone ich insbesondere Flucht als politische Praxis, durch welche Möglichkeiten von Zukunftsgestaltungen abseits festgeschriebener Pfade erprobt werden. Zur Übertragung dieser konzeptionellen Überlegungen zu Krisen und Zukünften auf urbane Räume, beziehe ich mich auf Debatten innerhalb der Black Geographies. Zum einen trete ich in einen Dialog mit McKittrick (2013), welche die Festschreibungen von Räumen und Zukünften nicht-Weißer Menschen in Städten als Weiterführung (Siedler‑)kolonialer und imperialer Logiken beschreibt. Zum anderen ziehe ich Studien zu Fugitivity und Maroonage heran, um Flucht als ambivalente politische Praxis darzustellen, durch welche innerhalb andauernder kolonialer und imperialer urbaner (Verwaltungs‑)Strukturen Möglichkeiten zur Zukunftsgestaltung offengehalten werden. Ich gehe somit der Frage nach: Wie können wir, durch einen kritisch-reflexiven Dialog, mit Debatten der Black Geographies anders über die Gestaltung urbaner Zukünfte nachdenken? Durch Überlegungen zu „flüchtigen Zukünften“, verweise ich auf die Handlungsmacht jener historisch marginalisierten Gruppen, die historischen, gegenwertigen und zukünftigen weiß-bourgeoisen urbanen Zukunftsfestschreibungen zu entfliehen versuchen. Während die gegenwärtige Produktion von Zukunftsräumen größtenteils im Spannungsfeld von Vorstellungen eines raschen gesellschaftlichen Wandels und dem langsamen Handeln von Stadtverwaltungen imaginiert wird, stelle ich „flüchtige Zukünfte“ als Möglichkeit heraus Zukünfte innerhalb der Gegenwart konstant offen zu halten, zu erproben und zu leben.