Flexibilität in der Raum(un)ordnung: Zur Normalisierung von Informalität in der Planung

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 0.106
Autor*innen
Maximilian Haße (Universität Trier)
Kurz­be­schreib­ung
Dieser Beitrag betrachtet Informalität als inhärenten Bestandteil räumlicher Planung und diskutiert, inwieweit die Förderung unregulierter Elemente des formellen Planungssystem ebendieses stärken und flexibilisieren können.

Abstract

Der Diskurs zu Informalität in der räumlichen Planung wird neben der Dominanz armutsbezogener Infomalitäten im sogenannten Globalen Süden in jüngerer Zeit auch verstärkt durch Beiträge mit Fokus auf den Globalen Norden bereichert. Diese betrachten weniger armutsbezogene Informalitäten, als sich mit Informalität in der Organisationsstruktur von Planungsprozessen und Governance-Arrangements sowie staatlichen Formen von (De)Legitimationen zu befassen. In der deutschen Raumordnung werden nicht-formalisierte, rechtsunverbindliche Instrumente und Verfahren bereits als „Informelle Planung“ zusammengefasst (Danielzyk & Sondermann 2018). In ihren Umsetzungen handelt es sich bei diesen allerdings häufig um eine Art von formalisierter Informalität, durch welche die geschaffenen Prozesse und Instrumente zwar mehr Flexibilität ermöglichen, diese durch ihre Vorgaben jedoch weiterhin limitieren. Dadurch kontinuiert das Selbstverständnis einer formellen, geregelten Raumordnung, welche unregulierte Formen informeller Planung weiterhin delegitimiert. Am Raumbeispiel der Niederlande zeigen Jaffe & Koster (2019) jedoch, dass dieser Mythos einer formellen Raumordnung im Globalen Norden der Realität nicht standhält. Vielmehr tragen solche informellen Prozesse außerhalb des formellen Systems zu dessen Erfolg bei und können in Krisensituationen gar notwendige Voraussetzung sein (Haße & Scharfenort 2022).

Aufbauend auf Roys (2005) epistemologischen und Healeys (2009) pragmatischen Überlegungen, sollen in diesem Beitrag Gedanken zu Informalität in der Planung weiter konzeptualisiert werden. Dazu soll Informalität als inhärenter Bestandteil räumlicher Planung vorgestellt werden, um zu zeigen, wie die Förderung „unregulierter“ Informalität das Planungssystem flexibilisieren und stärken kann.

Danielzyk, R. & Sondermann, M. (2018): Informelle Planung. In: ARL – Akademie für Raumfor-schung und Landesplanung (Hrsg.): Handwörterbuch der Stadt‐ und Raumentwicklung. Hannover, 963-974.

Haße, M. & Scharfenort, N. (2022): Informality as crisis management? – Work relationships in inter-municipal cooperation during the COVID-19 pandemic in Rhineland-Palatinate, Germany. Erdkunde 76 (2), 141-154.

Healey, P. (2009): The pragmatic tradition in planning thought. Journal of Planning Education and Research 28 (3), 277–292.

Jaffe, R. & Koster, M. (2019): The Myth of Formality in the Global North: Informality-as-Innovation in Dutch Governance. International Journal of Urban and Regional Research 43 (3), 563-568.

Roy, A. (2005): Urban Informality. Toward an Epistemology of Planning. Journal of the Ameri-can Planning Association 71 (2), 147-158.