Forschendes Lernen als Ansatz zur Climate Change Education in der gymnasialen Oberstufe: Hintergründe, Herausforderungen und Designprinzipien
Abstract
Für den Umgang mit dem globalen Klimawandel als eine der größten Herausforderungen des Anthropozäns nimmt Bildung eine Schlüsselrolle ein. Eine zielgerichtete „Climate Change Education” kann wichtige Kompetenzen fördern, die zu einer „Climate Literacy” (Azevedo & Marques, 2017) von Lernenden beitragen. Diese umfasst dabei nicht nur Wissen über den Klimawandel, sondern sollte idealerweise auch etwa auf den Erwerb von Fach‑, prozeduralem und epistemischem Wissen über Klimaforschung sowie von Kompetenzen zur Erschließung von Informationen im Kontext des Klimawandels abzielen (Azevedo & Marques, 2017).
Zusätzlich gehen mit Climate Change Education auch zahlreiche Herausforderungen einher, die zum Beispiel in der faktischen und ethischen Komplexität der Thematik (Ohl, 2013), in einer oftmals empfundenen psychologischen Distanz der Lebensrealität von Individuen zu den Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels (Gubler et al., 2019), oder auch in einer oft beobachteten Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln der Menschen (Knutti, 2019) bestehen.
Einen vielversprechenden Ansatz, solchen Herausforderungen zu begegnen und die Entwicklung einer Climate Literacy zu unterstützen, stellt das forschende Lernen dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn stark an authentischer Wissenschaft orientierte Formate zur Anwendung kommen (Brumann et al, 2022; Chu, 2017; Namdar, 2018). Solche Konzeptionen sind bislang hauptsächlich in der Hochschuldidaktik etabliert, in der schulischen Bildung hingegen werden die Potentiale des Ansatzes aktuell noch nicht voll ausgeschöpft (Buchanan et al., 2016).
Vor diesem Hintergrund wurde an der Universität Augsburg eine Lernumgebung für ein wissenschaftspropädeutisches Seminar (W-Seminar) in der bayerischen gymnasialen Oberstufe entwickelt: Über den Zeitraum von eineinhalb Jahren durchlaufen Schüler*innen dabei einen vollständigen Forschungszyklus zur Erforschung von regionalen Implikationen des Klimawandels „vor der eigenen Haustür”: Im Anschluss an eine fachliche Einarbeitungsphase entwickeln sie individuelle, interessenbasierte Forschungsfragen und zielführende methodische Ansätze, erheben und analysieren eigene empirische Daten und verfassen auf dieser Grundlage eine schriftliche wissenschaftliche Seminararbeit.
Die Lernumgebung wurde mit dem „Design-Based Research”-Ansatz auf der Basis einer qualitativen Methodentriangulation in Kooperation mit bayerischen Gymnasien forschungsgeleitet entwickelt und bislang in über 60 W-Seminaren mit mehr als 900 Schüler*innen erprobt. Auf der Tagung werden neben den zentralen theoretischen Hintergründen der Konzeption die Designprinzipien, die der Lernumgebung zugrunde liegen, als Forschungsergebnisse des Projekts vorgestellt. Im Fokus sollen dabei auch spezifische Herausforderungen wissenschaftsnahen forschenden Lernens in der Schule sowie darauf zugeschnittene didaktische Unterstützungsansätze stehen.