Garbage in, Gospel out? Zum Verhältnis von Data Literacy und Learning Analytics in der geographischen Bildung
Abstract
Ende des Jahres 2022 veröffentlichte das US-amerikanische Unternehmen OpenAI den Chatbot ChatGPT und sorgte damit für anhaltende Diskussionen zur Zukunft des Bildungssystems im Zeichen der Digitalität. Doch schon seit geraumer Zeit können durch Algorithmen Kulturtechniken im Bildungsbereich automatisiert werden, die die Logik des Lernens grundlegend verändern. Ein Beispiel hierfür ist das Feld der Learning Analytics (LA). Beschleunigt durch die Corona-Pandemie spielen Learning-Management-Systeme sowie weitere digitale Werkzeuge eine wichtige Rolle, wenn es um die Vermittlung von Inhalten geht. Die digitalen Interaktionen und Fußspuren der Lernenden können dabei verfolgt und erfasst werden. Dies reicht von simplen Messungen der Interaktionszeit mit Lernbausteinen bis hin zur Analyse der Aufgabenbearbeitung. Dabei werden mitunter gewaltige Mengen an Daten erhoben, die von Algorithmen verarbeitet werden. Ziel von LA ist es zum einen dadurch neue Einblicke in den Prozess des Lernens zu erlangen. Zum anderen geht es aber auch um die Entwicklung und Implementierung von technischen Anwendungen, die Lehrende und Lernende beim Lernprozess unterstützen und für die Institutionen Daten zur Bildungsplanung zur Verfügung stellen. Hierbei vermitteln Algorithmen zwischen den verschiedenen Handlungsträger*innen und beeinflussen dabei sowohl die Struktur der Vermittlung als auch die Handlungen selbst, zum Beispiel in der Art und Weise, wie Lerninhalte vermittelt werden.
Eine wichtige Kernkompetenz für Lehrkräfte in diesem Prozess ist Data Literacy. Aus der Informatik ist der Begriff ‚Garbage in, garbage out‘ bekannt, der sich darauf bezieht, dass die Ergebnisse von Computermodellen nur so gut sind, wie die Daten, die in das System eingespeist werden. Die Abwandlung des Begriffs in ‚Garbage in, Gospel out‘ verschiebt die Blickrichtung im Umgang mit Daten dahingehend, dass sowohl die Eingangsdaten kritisch überprüft, wie auch die Ergebnisse reflektiert und dekonstruiert werden müssen. In Bezug auf den Einsatz von LA in der geographischen Bildung rückt hiermit die Frage nach der Datenkompetenz der Lehrkräfte in den Mittelpunkt: Welches Wissen, welche Fähigkeiten und welche Einstellungen brauchen Lehrer*innen für einen effektiven, reflektierten, kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit Daten im Kontext von LA in der geographischen Bildung?
Hiermit ist der Ausgangspunkt unseres Beitrags markiert. In unserem Vortrag werden wir eingangs die Problematik anhand eines Fallbeispiels aus der geographischen Bildung darstellen, um darauf aufbauend die grundlegende Funktionsweise von LA zu erläutern und die verschiedenen Facetten im Kontext der geographischen Bildung zu beleuchten. Daran anschließend werden die digitalen Kompetenzen zur Diskussion gestellt, über die eine Lehrkraft verfügen muss, um LA in der geographischen Bildung sinnvoll einzusetzen. Abschließend werden zukünftige Entwicklungstrends im Kontext von LA und Data Literacy skizziert.