Gegen das Schlechte in der Welt: Adornos negative Dialektik als normativer (sozial)geographischer Ansatz

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 5
Autor*innen
Felicitas Kübler (Leuphana Universität Lüneburg)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag stellt Adornos negative Dialektik als Ansatz für eine geographische Auseinandersetzung mit menschlichen Erfahrungen von Negativität vor. Dabei wird die Kritik der ursächlichen Verhältnisse mit der Forderung mit deren Transformation verbunden.
Schlag­wörter
Negativität; gesellschaftliche Transformation; Machtkritik

Abstract

Dieser Beitrag setzt sich mit den Möglichkeiten einer normativen Auseinandersetzung mit Geographien des Negativen, im Sinne von Leiden, Fehlen oder Mangel, anhand von Theodor W. Adornos negativer Dialektik (2013) auseinander. Die Auseinandersetzung mit Negativität, in Anlehnung an Adorno zunächst verstanden als somatische Erfahrung von Leid, wird zugleich als Ansatz zur Überwindung derselben gedacht. Negative Dialektik wird somit zunächst als theoretischer Ansatz eingeführt, der in Tradition anarchistischer Geographien (Springer, 2016), gesellschaftliche Machtverhältnisse kritisch beleuchtet und auf deren Überwindung durch Formen der Solidarität und emphatischen Vergemeinschaftung zielt. Doch neben einer solchen Form der Machtkritik stellt Adornos gesellschaftstheoretische Arbeit die Wirkungsweise kapitalistischer Denkformen auf unser Zusammenleben in den Vordergrund und versucht diesen durch ein ideologiekritisches Vorgehen, einem Denken gegen das Denken, zu begegnen. Dieser Vortrag verfolgt das Ziel, Adornos (2013) negative Dialektik als theoretischen Ansatz für schlechte Zeiten (Bonefeld, 2012) einzuführen und mit Hinblick auf die aktuelle englischsprachige Debatte über Negative Geographies (Bissell et al., 2021) für eine stärkere Orientierung an kapitalismus- und gesellschaftskritischen Ansätzen plädieren, sowie die Notwendigkeit des Hinausdenkens über die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse zu diskutieren. Dies impliziert gleichzeitig ein Plädoyer für eine normative Verortung sozialgeographischer Ansätze und der Forderung menschliches Leiden in Folge ungleicher Machtverteilung und Ausübung von Herrschaft in den Blick zu nehmen und dessen Kritik mit der Suche nach gesellschaftlicher Transformation zu verbinden.

Literatur:

Adorno, T. W. (2013): Negative Dialektik. Jargon der Eigentlichkeit. Suhrkamp.

Bissel, D; Rose, M.; Harrison, P. (Hrsg.) (2021): Negative Geographies. Exploring the Politics of Limits. University of Nebraska Press.

Bonefeld, W. (2012): Negative dialectics in miserable times: Notes on Adorno and social praxis. Journal of Classical Sociology, 21(1), 122-134.

Springer, S. (2016): The anarchist roots of geography: Towards spatial emancipation. University of Minnesota Press.