Geomonitoring von Baumart, Vitalität und Pflegezustand von Obstbäumen auf Streuobstwiesen mittels Drohnen-Technologie

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 3.107
Autor*innen
Sarah Pflüger (PH Heidelberg)
Maike Petersen (PH Heidelberg)
Alexander Siegmund (PH Heidelberg)
Kurz­be­schreib­ung
Mittels Drohne wurden sehr hoch aufgelöste Luftbilder von Streuobstwiesen in Bad Schönborn aufgenommen, um ein 3D-Modell und ein Orthophotomosaik zu erstellen. Auf dieser Grundlage wurde eine Einzelbaumerkennung und Klassifizierung nach Baumart, Vitalität und Pflegezustand durchgeführt.

Abstract

Traditionelle Streuobstwiesen mit extensiv bewirtschafteten Obstbäumen sind Hotspots der biologischen Vielfalt in Mitteleuropa und bieten Lebensraum für mehr als 5.000 verschiedene Pflanzen- und Tierarten. Durch den Verzicht auf Pestizideinsatz tragen sie zum Boden- und Grundwasserschutz bei, sind wichtige Naherholungsgebiete und erbringen somit eine Vielzahl von Ökosystemleistungen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden jedoch viele Streuobstwiesen aufgrund politischer Veränderungen und geringer wirtschaftlicher Rentabilität gerodet. Trotz der jüngsten Bemühungen von Naturschutzinitiativen nehmen die Bestände weiterhin sowohl quantitativ als auch qualitativ was ihre Vitalität und ihren Pflegezustand betrifft, ab. Um die verbleibenden Streuobstwiesen zu erhalten, sind detaillierte Daten über aktuelle Anzahl, räumliche Verteilung und Zustand der Bäume erforderlich.

Bei Bad Schönborn im Südwesten Deutschlands wurde untersucht, ob der aktuelle Zustand von Streuobstwiesen mit Hilfe von Drohnen erfasst werden kann. Die Bilder wurden mit einer hochauflösenden RGB-Kamera aufgenommen und mit zusätzlichen red edge- und Nahinfrarotkanälen aus einer WorldView-3-Szene ergänzt. Das gesamte, ca. 500 ha große Gebiet wurde in einer Höhe von 80 m über dem Boden beflogen. Auf Grundlage des resultierenden Orthomosaiks und digitalen Höhenmodells wurde eine Einzelbaumerkennung durchgeführt. Anhand der Größe der Bäume, des normalized difference vegetation index (NDVI) und verschiedener Texturmaße wurde in Kombination mit den Felddaten ein Modell erstellt, um Baumart, Vitalität und den Pflegezustand der Obstbäume zu bestimmen.

Insgesamt wurden 4.995 Obstbäume erkannt. Bei den meisten handelte es sich um Apfelbäume (68 %), gefolgt von Birne (16 %) und Walnuss (5 %). Während fast alle Bäume als sehr vital eingestuft wurden (99 %), galten nur 28 % als gut gepflegt. Bei 53 % wurde ein geringer und bei 19 % ein dringender Pflegebedarf festgestellt. Dies spiegelt die Diskrepanz zwischen einer vitalen Pflanze und einer landwirtschaftlich genutzten Pflanze wider, bei der ein Rückschnitt zur Ertragssteigerung erforderlich ist. Die Gesamtgenauigkeit der Klassifikationen schwankt zwischen 56 % und 85 %, was darauf hindeutet, dass der Arbeitsablauf weiter verbessert werden kann, indem der Zeitpunkt der Befliegung sowie die Standardisierung der Referenzdaten angepasst werden.

Die Klassifikationsergebnisse wurden in eine interaktive webbasierte Karte (Web-GIS) implementiert, um Entscheidungsträger*innen und die lokale Öffentlichkeit zu informieren, aber auch um ein Patenprogramm zu fördern. Über dieses Web-GIS können Besitzer*innen von Obstbäumen Personen finden, die Interesse daran haben, ihre Bäume z. B. im Tausch gegen die Ernteerträge zu pflegen. Dieses Web-GIS wird zum Erhalt der Streuobstwiesen in Bad Schönborn beitragen und kann als Modell für andere Regionen dienen, die um den Erhalt und die Verbesserung dieser Kulturlandschaft kämpfen.