Herausforderungen feministischer Forschung im Arbeits-, Alterns- und Pflegeort Zuhause

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
HZ 11
Autor*innen
Dominique Kauer (Universität Jena)
Kurz­be­schreib­ung
Die häusliche Altenpflege hat Grenzverschiebungen zwischen öffentlichen und privaten Räumen sowie informellen und formellen Beziehungen zur Folge. Daraus entstehen Herausforderungen, die ein sensibles methodisches Arbeiten erfordern.

Abstract

Das Zuhause ist von normativen Werten wie Sicherheit und Privatsphäre bestimmt (Young 1997, 161). Ebenso ist im Zuhause eine materielle sowie emotionale hohe Dichte auszumachen. Politiken, die sich mit dem Ageing In Place befassen, fördern zunehmend das Ideal der Pflege in der eigenen Wohnung. Durch die Altenpflege im Zuhause finden jedoch Grenzverschiebungen zwischen öffentlichen und privaten Räumen sowie informellen und formellen Beziehungen statt und schaffen neue Landscapes Of Care (Milligan u. Wiles 2010). Der Wohnraum transformiert sich zu einem Ort performativer Gestaltung von Arbeitsabläufen (überlasteter) Pflegekräfte einerseits und sieht sich dem Zuhause als Ideal des beschützten Raums andererseits gegenüber. In der angespannten Situation der häuslichen Altenpflege gehören laut Weidner et al. (2004) Gewalterfahrungen ausgehend von Pflegefachpersonen gegenüber Patient*innen, Bewohner*innen und Pflegebedürftigen, aber auch umgekehrt ausgehend von Gepflegten gegenüber Pflegenden zum Pflegealltag. Für das empirische Arbeiten zur Pflege im Zuhause entstehen daraus Anforderungen an eine besonders sensible Methodik und Forscher*in. Bereits der Eintritt in die intime Sphäre des Zuhauses, gepaart mit dem Fokus auf den gepflegten Körper macht die Gestaltung der Datensammlung zu einer komplexen Praxis. Auf Basis meiner Forschungen, in denen ich Pflegende und Gepflegte in ihrem Alltag begleite, wird im Vortrag folgenden Fragen nachgespürt:

Wie kann ein Zugang zum intimen Forschungsfeld des Ageing In Place aussehen und welche Herausforderungen treten in der Begleitung ambulanter Pflegekräfte auf? Wie kann eine teilnehmende Beobachtung gelingen, die eine machtsensible Perspektive einnimmt, indem sie nicht nur Macht- und Hierarchieverhältnisse benennt, kritisiert und analysiert, sondern die Praxis des Forschens selbst machtreflexiv einbettet? Wie können Care-Ethics, in einem Kontext, in dem Arbeit und Zuhause verschwimmen, auf die qualitative Forschung angewandt werden? Inwiefern wirken sich (fehlende) persönliche Beziehungen auf Situationen der Überforderung und Überlastung aus?

Referenzen

Milligan, Christine und Janine Wiles. 2010. «Landscapes of Care.» Progress in Human Geography 34(6): 736-754. https://doi.org/10.1177/0309132510364556.

Weidner, Frank, Daniel Tucman und Peter Jacobs. 2017. Gewalt in der Pflege. Erfahrungen und Einschätzungen von Pflegefachpersonen und Schülern der Pflegeberufe. Köln: Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V..

Young, Iris Marion. 1997. Intersecting voices: dilemmas of gender, political philosophy, and policy. Princeton, NJ: Princeton University Press.