Hilfe zur Selbsthilfe? Die Auswirkungen konditionaler Schuldenhilfen am Beispiel bayerischer Kommunen

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 4
Autor*innen
Simon Dudek (KU Eichstätt-Ingolstadt)
Andreas Kallert (KU Eichstätt-Ingolstadt)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag thematisiert die Ausgestaltung von Konsolidierungsprogrammen für finanzschwache Kommunen am Beispiel Bayerns. Anhand einer ökonometrischen Analyse diskutieren wir dabei die Folgen der bayerischen Stabilisierungshilfen im Spannungsverhältnis von Konsolidierung und Austerität.

Abstract

Die finanzielle Lage der Kommunen in Deutschland ist von starken Disparitäten geprägt: Finanzkräftigen Städten und Gemeinden mit Haushaltsüberschüssen stehen hochverschuldete Kommunen gegenüber, die unter den oftmals damit einhergehenden Peripherisierungsprozessen leiden. Die vielerorts zu hohe kommunale Schuldenlast adressieren ein Großteil der Flächenbundesländer mit kommunalen Konsolidierungsprogrammen. Forschungsarbeiten zu diesen Schuldenhilfen für finanzschwache Kommunen in Deutschland fokussieren allerdings vor allem das sog. Schuldenquartett Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz und Saarland, deren Gemeinden im Nachgang der Finanz- und Wirtschaftskrise mit hoher Kassenkreditverschuldung konfrontiert waren.

Doch auch das finanzstarke Bundesland Bayern hat seit 2012 mit den sog. Stabilisierungshilfen ein Konsolidierungsprogramm, das Finanzenhilfen in Höhe von insgesamt rund einer Milliarde Euro an finanz- und/oder strukturschwache Kommunen – vor allem in den ländlichen Regionen Nord‑, Nordost- und Ostbayerns – verteilt hat. Stabilisierungshilfen werden nur auf Antrag hin und unter der Bedingung eigener Konsolidierungsmaßnahmen als „Hilfe zur Selbsthilfe“ gewährt. Diese Maßnahmen umfassen einerseits Ausgaben- und Leistungskürzungen etwa bei freiwilligen und pflichtigen kommunalen Aufgaben, andererseits die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuern, Gebühren und Abgaben.

In der Literatur wird die oftmals harte Konditionalität von Schuldenhilfen und die damit verbundene Austerität als Beitrag zur Lösung des „moral hazard“-Problems verhandelt. Demnach verschulden sich Kommunen bei laxer Finanzaufsicht allzu bedenkenlos, da sie im Zweifel um ein „bail-out“ seitens ihres jeweiligen Bundeslandes wissen. Zugleich droht jedoch bei stark austeritären Auflagen im Konsolidierungsprogramm, dass die Sparmaßnahmen zu Lasten der Attraktivität der teilnehmenden Kommune gehen, diese weniger in Infrastruktur und Daseinsvorsorge investieren kann und somit im interkommunalen Wettbewerb (weiter) zurückfällt. Die Folge sind wachsende räumliche Disparitäten zwischen Konsolidierungs- und Nicht-Konsolidierungskommunen.

In unserem Beitrag wollen wir zunächst die Besonderheiten der bayerischen Stabilisierungshilfen im Kontrast zu anderen Konsolidierungsprogrammen herausarbeiten. Anschließend präsentieren wir erste Ergebnisse ökonometrischer Analysen soziostruktureller Eckdaten zu den Auswirkungen der Stabilisierungshilfen in Bayern und diskutieren, inwiefern die Hilfen eigentlich helfen.