Historisch geprägten Kulturlandschaften zwischen Niedergang und Krieg: Kulturelles Erbe in der Westukraine

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 2.109
Autor*innen
Jörn Schultheiß (Hochschule Geisenheim University)
Maryana Senkiv (Nationale Polytechnische Universität Lwiw)
Kurz­be­schreib­ung
Das kulturelles Erbe der Ukraine steht nicht erst seit dem Russischen Überfall im Februar 2022 vor großen Zukunftsherausforderungen. Die Hochschule Geisenheim University und die Nationale Polytechnische Universität Lemberg (Lwiw) arbeiten seit mehreren Jahren gemeinsam daran, das kulturelle Erbe der Westukraine zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Abstract

Die Ukraine besteht in ihrer heutigen Form seit 1991 und weist eine sehr wechselvolle Geschichte auf. Dies gilt insbesondere für die Westukraine, die bereits seit dem 19. Jahrhundert als Wiege des ukrainischen Nationalismus gilt. Sie stand in den vergangenen Jahrhunderten nicht nur unter sowjetischen, sondern auch unter russischem, österreich-ungarischem oder polnisch-litauischem Einfluss, wechselte innerhalb kurzer Zeit mehrfach die Staatszugehörigkeit und wurde durch immer wieder durch sich ändernde Grenzen zerschnitten. Beide Weltkriege brachten für die Westukraine schwerste landschaftliche Verheerungen und unsägliches menschliches Leid mit sich.

Brüche, Veränderung und enge historische Verbindungen zu den Nachbarstaaten prägen die heutigen Kulturlandschaften der Westukraine. Es entwickelte sich ein einmaliges und vielfältiges kulturelles Erbe, welches bereits in den letzten Jahrzehnten erheblichen Herausforderungen ausgesetzt und das gerade außerhalb großer Städte häufig vom kontinuierlichen Niedergang und fehlender Wertschöpfung geprägt ist. Insbesondere außerhalb der Ukraine fand dieses kulturelle Erbe bisher kaum Anerkennung.

Die Hochschule Geisenheim University arbeitet seit mehreren Jahren gemeinsam mit der Nationalen Polytechnischen Universität Lemberg (Lwiw) daran, das kulturelle Erbe der Westukraine sichtbar zu machen und somit zu dessen Erhalt und Anerkennung beizutragen. Dies beinhaltet auch die Darstellung landschaftlich-struktureller Zusammenhänge der Region mit dem mitteleuropäischen Kulturraum. Als digitales Erfassungs- und Darstellungssystem dient KuLaDig (Kulturlandschaft Digital). Nach Beginn des Russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 erweiterte sich der Zweck der Zusammenarbeit auf die Sicherung von Kenntnissen über kulturelles Erbe, das von direkten Kampfhandlungen betroffen ist und welches als Zeugnis des ukrainischen Selbstverständnisses gezielt von der russischen Armee zerstört wird.