Humangeographie & die große Transformation: (Human)geographisches Wissen als Schlüsselbeitrag zu einer Stärkung zivilgesellschaftlicher nachhaltiger Lebensstile?!

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
HZ 9
Autor*innen
Jonas Birke (Universität Koblenz)
Kurz­be­schreib­ung
Anhand einer Mixed-Methods-Studie wird diskutiert, inwiefern es spezifisch humangeographische Wissensformen gibt, welches humangeographische Wissen im Zusammenhang mit der großen Transformation relevant ist und inwiefern solche Wissensformen einen Einfluss auf zivilgesellschaftliches Handeln ausüben

Abstract

Die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sind vielfältiger denn je, und eine zeitnahe Umsetzung der als Lösungsansatz ausgerufenen großen Transformation ist inzwischen unerlässlich geworden, wenn künftige Generationen die gleiche Lebensqualität haben sollen wie die heutigen Gesellschaften. Die bis dato unzureichende Umsetzung der 17 SDGs der globalen Nachhaltigkeitsstrategie Agenda 2030 zeigt jedoch, dass dieser gesellschaftliche Transformationsprozess nach wie vor in den Anfängen steckt. Dies gilt insbesondere auch für Industrienationen wie Deutschland. In diesem Zusammenhang rücken Wissens- und Machtfragen immer mehr in den Vordergrund gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Debatten. Welche Wissensformen spielen in diesem Kontext eine Rolle? Wie kann die damit einhergehende Knowledge-Action-Gap überwunden und wie kann Wissen breitenwirksam in die Gesellschaft vermittelt werden?

Die Humangeographie kann hier durch ihren multiperspektivischen und interdisziplinären Blick auf Gesellschaft und die Gesamtheit des Planeten Erde sowie durch ihre raum‑, maßstabs- und zeitbezogene und damit holistische Denkweise einen großen Beitrag leisten, insbesondere im Hinblick auf das zivilgesellschaftliche Alltagshandeln im Zusammenhang mit der großen Transformation. Der tatsächliche Einfluss humangeographischer Wissens- und Denkweisen in diesem Kontext ist jedoch bisher wenig erforscht worden.

Der Beitrag geht daher den Fragen nach, welche (human)geographischen Wissens- und Denkweisen im Kontext der großen Transformation relevant sind, inwiefern ein solches Wissen einen Einfluss auf zivilgesellschaftliches Handeln in diesem Kontext ausüben kann und vor allem welche Barrieren es diesbezüglich zu beheben gilt.

Ausgangspunkt sind die Ergebnisse qualitativer Experteninterviews mit Geographieexpert*innen im deutschsprachigen Raum (n=33) sowie einer quantitativen Panel-Befragung der zivilgesellschaftlichen Bevölkerung in Deutschland (n=500), die im Rahmen des hier vorgestellten und kürzlich eingereichten Dissertationsvorhabens durchgeführt wurden. So wurde zum einen die Bedeutung (human)geographischer Wissensformen im Kontext der großen Transformation aus wissenschaftlicher Perspektive ermittelt und zum anderen, wo innerhalb der Zivilgesellschaft Wissenslücken in diesem Zusammenhang bestehen, ob und inwieweit (human)geographisches Wissen diese Lücken füllen und wie ein solches Wissen gewinnbringend in die breite Masse der Gesellschaft vermittelt werden kann. Dabei zeigte sich, dass es insbesondere Aspekte der sozialen Dimension und somit humangeographisch relevante Themen sind, für die ein starker Wissens- und Handlungsbedarf besteht.

Darüber hinaus soll diskutiert werden, welche Barrieren hier vorliegen insbesondere im Hinblick auf ungleiche Wissenszugänge und daraus resultierende Gerechtigkeitsfragen innerhalb der Zivilgesellschaft als eine der zentralen Akteursgruppen der großen Transformation und wie diese Barrieren überwunden werden können