Imagining Place

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
HZ 4
Autor*innen
Nina Welters (KU Eichstätt-Ingolstadt)
Kurz­be­schreib­ung
Dieser Vortrag beschäftigt sich mit den wechselseitigen Zusammenhängen von sozialen Praktiken, Geographical Imaginations und Ort. Die drei Elemente werden dabei als prozesshaft und dynamisch verstanden, die einander sowohl konfigurieren als auch durch ihre jeweilige spezifische Kombination selbst konfiguriert werden.

Abstract

Ort und Verortung werden in der Literatur sehr unterschiedlich konzeptualisiert. Oftmals stehen dabei materielle Eigenschaften von Orten oder relationale Bedeutungszuschreibungen im Fokus wissenschaftlicher Forschung. Auch wenn Ort stark verallgemeinert als das „wo“ von Ereignissen und Erlebnissen verstanden werden kann, dessen Charakteristika maßgeblich von den mit den Orten agierenden Personen beeinflusst werden, so ist Ort keinesfalls per se als passiv oder inhaltslos anzusehen. Stattdessen umfasst jeder Ort Vorkonfigurationen, die im Prozess sozialer Praktiken stetig (wieder‑) hergestellt und (re‑)konfiguriert werden.

Aufbauend auf dem Konzept dynamischer sozialer Praktiken nach Shove, Pantzar und Watson (2012), werden diese Konfigurationen als Kombination von Materialitäten, Kompetenzen und Bedeutungen verstanden. Spezifische Verknüpfungen dieser drei Elemente werden wiederholt zusammen praktiziert, wodurch sie stabilisiert werden aber gleichzeitig auch einer kontinuierlichen Veränderung unterliegen. Die repetitive Durchführung der immergleichen Kombinationen ist elementar, um die spezifische Bedeutungsfülle einer Praktik zu sichern. Gleichzeitig werden hierbei Interdependenzen zwischen unterschiedlichen Elementen der konfigurierten Verknüpfungen – Materialitäten, Kompetenzen, Bedeutungen – und Praktiken reproduziert. Orte spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Sie dienen als eine Art selbstreferentielle Bühne, auf der Praktiken durchgeführt und konsolidiert werden.

Insbesondere die Vorstellung vom Erscheinungsbild und persönlichen Erlebnis dieser „Orte als Bühne“ werden durch Geographical Imaginations geprägt. Die Verbreitung und Konfiguration der sozial hergestellten und oftmals visualisierten Repräsentationen von Orten umfasst eine große Variation sozialer Praktiken. Beispiele, wie das Teilen von Inhalten auf Sozialen Medien oder Narrationen von Erfahrungen zeigen, dass diese Bilder mehr als nur mentale Konstrukte sind. Sie haben tatsächliche, praktische Implikationen für das Verhalten von Menschen, denn neben materiellen Vorstellungen werden unterschwellig auch emotionalere Aspekte des Erlebens an Orte geknüpft, wie beispielsweise Sehnsucht, Erwartungen und Macht.

Auf Basis der oben beschriebenen Annahmen nimmt der Vortrag die Schnittstellen, potenzielle Konfliktfelder und Interdependenzen zwischen unterschiedlichen Konfigurationselementen von sozial praktizierten und imaginierten Orten in den Fokus. Er zielt so darauf ab, einen konzeptionellen Beitrag zum theoretischen Verständnis des wechselseitigen Zusammenhangs von sozialen Praktiken, Geographical Imaginations und Ort zu leisten.