Individuelle Handlungsweisen in Planungsprozessen: Das Beispiel der Neuen Altstadt in Frankfurt a. M.
Abstract
Die Definition von Problemstellungen sowie die Verhandlung einer „guten Zukunft“ sind wichtige Elemente im stadtplanerischen Diskurs. Planerisches Handeln ist dabei stets mit Uneindeutigkeiten und situativen Kontexten verbunden. Maßgeblich für das Voranbringen von Wertvorstellungen einer „guten“ städtebaulichen Entwicklung sind die im Planungsprozess beteiligten individuellen Figuren. Im Rahmen des Beitrags soll sich der Frage genähert werden, mit welchen Handlungstaktiken Individuen ihre Zielvorstellungen verfolgen.
Gemeinsam ist verschiedenen Konzeptualisierungen individuellen Handelns, dass ihr Einfluss auf individuellen Eigenschaften, dem sozialen Umfeld und strukturellen Kontexten basiert (u. a. Richter u. Christmann 2021). Soziokulturelle Faktoren besitzen dabei eine große Bedeutung. Daher wird dafür plädiert, Konzeptualisierungen von individuellen Figuren (u.a. Entrepreneure (Kingdon 1995) und Place Leader-Figuren (Sotarauta u. Beer 2021)) mit der planungskulturellen Perspektive zusammenzubringen.
Im Rahmen dieses Beitrags wird eine Kategorisierung von taktischen Handlungsweisen individueller Figuren und ihrer Voraussetzungen vorgeschlagen. Diese basiert auf der Betrachtung von Individuen, die bedeutende Rollen für den Entwicklungsprozess der „Neuen Altstadt“ in Frankfurt a. M. und die projektspezifische Planungskultur gespielt haben. Zum individuellen Handeln gehören unter anderem das strategische Nutzen von parlamentarischen Instrumenten und politischen Arenen, das Definieren von Prämissen, Taktiken zur Generierung argumentativ inwertsetzbaren Wissens, der Umgang mit spezifischen Governancemechanismen sowie Taktiken zur Argumentations- und Gesprächsführung. Diese Handlungstaktiken werden durch verschiedene Voraussetzungen für die Individuen einsetzbar. Zu den Voraussetzungen gehören persönliche Eigenschaften, die eigene Wertvorstellungen ebenso wie attribuierte Eigenschaften wie Fachlichkeit und Integrität oder eine besondere Artikulationsstärke umfassen. Faktoren des sozialen Umfelds beinhalten insbesondere die Akteurskonstellation und Interaktionsmodi sowie die öffentliche Meinungsbildung. Strukturelle Kontexte können nach ihrer zeitlichen Wirkung sowie nach der Maßstäblichkeit ihres Wirkens gegliedert werden. Sie umfassen politische und haushalterische Rahmen sowie Pfadabhängigkeiten wie die längerfristige bauliche Entwicklung. Das Zusammenspiel dieser Faktoren kann zum Verständnis von Individuen als bisher nicht zufriedenstellend konzeptualisierte Größe für die Raumplanung lohnenswert sein.
Kingdon, J. W. 1995. Agendas, Alternatives, and Public Policies. 2. Aufl. New York: Harper Collins College Publishers.
Richter, R. u. G. B. Christmann. 2021. “On the role of key players in rural social innovation processes.” Journal of Rural Studies (in Press): 1-10.
Sotarauta, M. u. A. Beer. 2021. “Introduction to city and regional leadership.” In Handbook on City and Regional Leadership, 2-18. Cheltenham, Northampton: Edward Elgar.