In/formelle Praktiken der Freiraumentwicklung und ihre raum-zeitlichen Widersprüche

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 11
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Dieser Beitrag beleuchtet Baumscheibengärten als zukunftsfähige Orte der in/formellen Freiraumentwicklung öffentlicher Flächen im Spannungsfeld neoliberaler Stadtentwicklung und bottom-up initiierter Fürsorge, menschlicher und nicht-menschlicher Akteure sowie multipler raum-zeitlicher Widersprüche.

Abstract

In Berlin, wie auch in vielen anderen Städten, sprießen immer mehr Baumscheibengärten aus dem Boden. Diese Gärten und ihre Gärtner:innen haben nicht nur bestehende Formen öffentlicher Grünflächenverwaltung modifiziert, sondern tragen aktiv zur Aufwertung der Quartiersstraße bei. Baumscheibengärten sind komplexe, einzigartige und teilweise widersprüchliche Orte, die sich formal durch eine vertraglich geregelte Patenschaft für eine kleine sowie stark umkämpfte und verdichtete Restfläche um Straßenbäume beschreiben lassen. Neben formalisierten Gärten gibt es weiterhin viele informelle Gärten welche nie als Patenschaft angemeldet wurden und dennoch aktiv gepflegt werden sowie „stille Patenschaften“ - Baumscheibengärten in denen nicht-menschliche Akteure den Baumscheibengarten prägen, jedenfalls so lange wie diese geduldet werden. Ohne öffentliche Gelder entstehen so vielfältige und teils langlebige Microgärten.

Doch Baumscheibengärten bieten nicht nur alternative Governance-Strategien für öffentliche Grünflächen, sondern ermöglichen auch eine kritische Reflexion etablierter Planungsprozesse innerhalb der städtischen Freiraumentwicklung, die aktuell das Informelle und Flüchtige kaum berücksichtigen. Dies erscheint angesichts des zu erwartenden Anstiegs des Gesamtanteils öffentlicher Grünflächen und der bereits geringen bzw. weiter sinkenden Ressourcen zur Unterhaltung und Pflege öffentlicher Grünflächen von besonderer Bedeutung. Das Sichtbarmachen der vielschichtig gelagerten Widersprüche an der Schnittstelle informeller und formeller Freiraumentwicklung kann somit eine kritische Auseinandersetzung mit dominanten Akteuren und Ordnungen fördern. Daher versteht dieser Beitrag Baumscheibengärten als zukunftsfähige Orte der in/formellen Freiraumentwicklung öffentlicher Flächen im Spannungsfeld neoliberaler Stadtentwicklung und bottom-up initiierter Fürsorge, menschlicher und nicht-menschlicher Akteure sowie multipler raum-zeitlicher Widersprüche.