Klimaverantwortliche Jugendliche: Handeln auf verschiedenen Ebenen für eine klimafreundliche Transformation

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 1.109
Autor*innen
Nina Liebhaber (Universität Innsbruck)
Kurz­be­schreib­ung
Es wird aufgezeigt, wie Jugendliche Klimaverantwortung (er-)leben und wie sie dazu beitragen können, dass andere mehr Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig werden kollektive und strukturelle Transformationen thematisiert, die für die Möglichkeit individueller Verantwortungsübernahme notwendig sind.

Abstract

Verantwortung für den globalen Klimawandel – als Verursachung ebenso wie im Sinne einer möglichen Verantwortungsübernahme – ist für die Erforschung von klimafreundlichem Handeln von zentraler Bedeutung. Verantwortungsvolles Handeln auf allen Ebenen ist notwendig, um die globale Erwärmung möglichst gering zu halten. Verantwortung wird hier verstanden als Zusammenspiel zwischen individuellem Handeln und Möglichkeiten einerseits, und andererseits kollektiven und strukturellen Bedingungen sowie Entscheidungen anderer. Die damit verbundenen, komplexen Verflechtungen sind die Basis, auf der verantwortungsvolles, klimafreundliches Handeln aufgebaut werden muss. Anhand der Bemühungen junger Menschen, Verantwortung zu tragen und ihr Handeln entsprechend zu gestalten werden die Verschränkungen der Akteur*innen und materiellen Aspekte analysierbar. In diesem Beitrag wird daher untersucht, wie Jugendliche aus Österreich und Deutschland Klimaverantwortung (er‑)leben, was Klimaverantwortung für sie bedeutet und wie sich verantwortungsvolles Handeln in ihren Ansichten manifestiert.

Für diese Studie wurden im Rahmen der Forschungs-Bildungs-Kooperationen k.i.d.Z.21 und k.i.d.Z.21_aCtiOn2 in mehreren Stufen Daten erhoben. In philosophierenden Gesprächen mit ca. 55 Jugendlichen wurde ersichtlich, dass sie sehr viele Formen klimafreundlichen Handelns kennen und in ihren Verantwortungsbereich zählen. Außerdem schilderten die Jugendlichen, wie sie in vielen Aspekten von der Verantwortungsübernahme anderer Akteur*innen abhängig sind. Simon Caney (2014) beschreibt dementsprechend verschiedene Ebenen von Verantwortung: Neben der direkten Verantwortung (first order), kommt einigen Akteur*innen auch die Verantwortung zu, das verantwortungsvolle Handeln anderer zu ermöglichen (second order). Auf Basis dieser Vorerhebung wurden semistrukturierte Gruppeninterviews mit weiteren 70 Schüler*innen durchgeführt, um ihr Erleben von Klimaverantwortung auf den Ebenen der first und second order responsibility konkreter zu untersuchen. Besonderes Augenmerk lag auf den Voraussetzungen, die für die Möglichkeit Verantwortung zu übernehmen gegeben sein müssen, und inwiefern sie diese Voraussetzungen selbst schaffen könnten. Abschließend wurden Ideen gesammelt, wie Verantwortungsübernahme in einer klimafreundlichen, utopischen Welt aussehen würde.

Die Analyse mithilfe der Konstruktivistischen Grounded Theory nach Kathy Charmaz (2006) bietet einen vertieften Einblick in die vielfältigen und engagierten Beispiele jugendlicher Verantwortungsübernahme. Das Handeln der Teilnehmer*innen reicht dabei in einigen Fällen sogar über Caneys first order responsibility hinaus – sie beschreiben verschiedene Möglichkeiten, wie sie dazu beitragen können, dass auch andere mehr Verantwortung übernehmen (können). Gleichzeitig ergibt sich aus der Analyse eine kritische Reflexion der kollektiven und strukturellen Transformationen, die für die Möglichkeit individueller Verantwortungsübernahme notwendig sind.