Mehr als nützlich! Arbeitskräfte mit Migrationsgeschichte in ländlichen Räumen: Empirische Evidenz aus dem Gesundheits- und Pflegesektor sowie der Hotellerie/Gastronomie

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
SH 0.101
Autor*innen
Stefan Kordel (FAU Erlangen-Nürnberg)
Tobias Weidinger (FAU Erlangen-Nürnberg)
David Spenger (FAU Erlangen-Nürnberg)
Kurz­be­schreib­ung
In der Präsentation wird am Beispiel zweier Schlüsselsektoren, Gesundheit/Pflege und Hotellerie/Gastronomie, anhand einer empirischen Fallstudie, die verschiedene Perspektiven einnimmt, diskutiert, dass das Ankommen im Betrieb und die Entwicklung einer Bleibeorientierung mitgedacht werden müssen.
Schlag­wörter
Ländliche Räume, Arbeitsmarkt, Migration, soziale Inklusion

Abstract

In zwei Sektoren zeigt sich beispielhaft die bundesweit geführte (gesellschafts‑)politische Debatte um Fachkräftesicherung in ländlichen Räumen: Eine alternde Bevölkerung und die steigende Lebenserwartung einerseits sowie weniger Arbeitskräfte andererseits führen im Gesundheits- und Pflegesektor zu sogenannten nachfragebedingten Erweiterungs- und (altersbedingten) Ersatzbedarfen. Im Hotellerie- und Gastronomiesektor setzen vor allem attraktive Beschäftigungsalternativen in anderen Bereichen die Branche unter Druck. Stark in der politischen Debatte präsent ist aktuell, inwiefern Arbeitskräfte aus Drittstaaten – ob bereits im Land lebend oder aus dem Ausland angeworben – diese Bedarfe verstärkt decken können. Oftmals wird dies mit volkswirtschaftlichen und utilitaristischen aber auch wohlfahrtsstaatlichen Argumenten (Daseinsvorsorge) begründet. In ländlichen Regionen verschärft eine vermeintliche Anziehungskraft städtischer Arbeitsorte die Situation zusätzlich und führt zu Weiterwanderungen.

Maßnahmen zur Arbeitskräftesicherung fokussieren vorwiegend das Recruiting von Auszubildenden und Fachkräften und nehmen damit einen relativ kurzen Zeitraum in den Blick. Qualitative Daten aus einer empirischen Fallstudie in zwei ländlichen Landkreisen in Bayern zeigen, dass daneben auch das Ankommen im Betrieb oder der Einrichtung und die Entwicklung einer Bleibeorientierung mitgedacht werden und ineinandergreifen müssen. Aus der Perspektive der Arbeitgeber*innen und der Beschäftigen sowie weiterer regionaler Akteure diskutieren wir Praktiken im Arbeitsalltag und darüber hinaus, die zu einer Bleibeorientierung führen können. Es zeigt sich, dass neben Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb und den Wünschen von Mitarbeitenden mit Migrationsgeschichte auch Wohnen, soziale Kontakte / Freizeit und Mobilität adressiert werden müssen, um eine nachhaltige Beschäftigung sicherzustellen. Insbesondere Akteure der ländlichen Entwicklung zielen auf Vernetzung und Kooperation unter den Betrieben ab und bieten vor allem kleineren und mittelgroßen Einrichtungen so die Möglichkeit, Mitarbeitende mit Migrationsgeschichte zu rekrutieren und vor Ort, im Betrieb und im Sektor zu halten.