Mountain Hubs im Schweizer Berggebiet: Orte der Neuaushandlung von Stadt-Land-Beziehungen

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
HZ 4
Autor*innen
Ellena Brandner (Universität Bern)
Heike Mayer (Universität Bern)
Kurz­be­schreib­ung
Investitionsprojekte in Schweizer Berggebieten antworten auf die Veränderung von Lebens- und Arbeitspraktiken von Individuen. Die Folge sind zeitlich variable Migrationsprozesse und die Neuaushandlung von Stadt-Land-Beziehungen.
Schlag­wörter
Mountain Hubs, Stadt-Land-Beziehungen, Längsschnittstudie, ethnographische Methoden

Abstract

Bereits vor der Corona Pandemie haben multilokale Arbeitsarrangements an Bedeutung gewonnen (Bürgin u. a. 2022). Die heutige wissensbasierte Arbeitswelt und die Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechniken, ermöglicht ortsunabhängige Arbeitspraktiken (Hostettler Macias, Ravalet, und Rérat 2022). Der Entkopplung von Arbeit und Ort folgt eine räumliche Bedeutungsverschiebung, sodass der Arbeitsort variabel und den individuellen Bedürfnissen entsprechend verlagert werden kann. Multilokale Arbeitsarrangements ermöglichen die Erschliessung individuell bedeutungsvoller Orte (z. B. Urlaubsorte, Zweitwohnsitze, Heimatorte) als Arbeitsorte. Die Folge sind zeitlich variable Migrationsprozesse, deren Spektrum sich von temporär hin zu permanent erstreckt (Bender und Kanitscheider 2012). Neue Geographien des Arbeitens entwickeln sich, die durch diverse Akteur*innen (z. B. Digitale Nomad*innen) und Orte (z. B. Co-Working Spaces) geformt werden (Mariotti, Di Vita, und Akhavan 2021). Die räumliche Zentralität des Arbeitsorts verliert zu Gunsten anderer Kriterien, wie z. B. die Kombination mit Freizeitmöglichkeiten oder die Nähe zur Natur, an Bedeutung (Gruener und Konzett 2021). Infrastruktur, wie z. B. Digital Hubs, entwickelt sich in peripheren Räumen und adressiert dieses Phänomen (Rundel, Salemink, und Strijker 2020; Bosworth und Salemink 2021). In Schweizer Berggebieten erkennen allochthone Investor*innen dieses Potenzial und entwickeln ähnliche Projekte, die wir Mountain Hubs nennen. Neue Orte, die diverse Grunddaseinsfunktionen kombinieren (z. B. Arbeiten, Wohnen und Freizeit), lösen bereits zum jetzigen Zeitpunkt Wanderungsbewegungen von diversen Personengruppen (z. B. Unternehmer*innen, Digitale Nomad*innen) von Zentren in Peripherien aus (Mayer und Meili 2016). Dieses Phänomen lässt sich in den aktuellen Diskurs der Zentrums-Peripherie Debatte in der Wirtschaftsgeographie einordnen, der die Identifikation neuer Zentren in Peripherien fordert (Eder 2019; Pugh und Dubois 2021). Damit verbunden ist die Neuaushandlung von Stadt-Land-Beziehungen, die sich durch individuelle Migrationsprozesse und externe Investitionen, verändern. Um die Veränderung von Stadt-Land-Beziehungen und damit verbundener Praktiken auf individueller, projektbasierter und regionaler Ebene zu untersuchen, führen wir ausgehend von Mountain Hubs im Schweizer Berggebiet eine Längsschnittstudie durch. Wir wenden ein innovatives Forschungsdesign an, das sich aus ethnographischen Methoden zusammensetzt, um die Veränderung von Stadt-Land-Beziehungen zu erklären. Zudem soll eine theoretische Grundlage geschaffen werden, um die Neuaushandlung der Zentrums-Peripherie Debatte zu erklären. Das Ziel der vorliegenden Einreichung ist, die innovative methodische Herangehensweise einer ortsbasierten Forschung vorzustellen und erste Ergebnisse aus der Feldforschung im August 2023 zu präsentieren.