Nachbarschaftsparks gehen auf die Straße
Abstract
Die europäischen Stadtentwicklungsprogramme sind voller Absichten, wenn es um soziale Gerechtigkeit, Strategien zum Klimawandel, Umgestaltung der Mobilität oder Steigerung von Lebensqualität geht (Furchtlehner et al., 2022). Neue Ideen und Planungszugänge werden in vielen Städten umgesetzt, von Superblocks bis hin zu Pop-up-Radwegen. Die hier vorgestellten Ergebnisse legen den Fokus auf die Stadt Wien und bauen auf Forschungsprojekte zum öffentlichen Raum am Institut für Landschaftsarchitektur an der BOKU Wien auf, die im Auftrag der Wiener Magistratsabteilung für Stadtplanung und Stadtentwicklung durchgeführt wurden.
Wien verfügt über große Grünräume am Stadtrand, jedoch sind die innerstädtischen Grün- und Freiräume, wie in vielen Großstädten, ungleich verteilt. Zusätzlich setzen ökonomische Entwicklungen die Bestandstadt unter Druck - Wien wächst und wird innenverdichtet. Der Bedarf an Freiflächen als Ausgleich von baulicher Dichte und Hitzeinseln sowie für das Regenwassermanagement steigt kontinuierlich. Deren Erholungs- und Aufenthaltsfunktion im Quartier ist substanziell.
Im Beitrag werden Möglichkeiten dargestellt, wie bestehende Nachbarschafts- und Quartierparks erweitert werden können, um flächendeckend mehr Grünraum zu schaffen. Auf welche Art eine Erweiterung stattfinden kann und welcher Flächen- und Qualitätsgewinn daraus gezogen werden kann, ist Teil der Arbeit. Untersucht wurden Stadtgebiete, die als unterversorgt wahrgenommen werden (SORA, 2016) und in denen die von der Stadt Wien selbst auferlegten Kennwerte (3,5m² Grünraum/EW innerhalb 250m) nicht erreicht werden. Zudem offenbart die Stadtklimakarte eine starke Überwärmung (Stadt Wien, 2015, 2020).
Bei systematischer Untersuchung zeigt sich, dass im Betrachtungsgebiet bei 260 Parks Erweiterungspotential im unmittelbaren Umfeld besteht. Dieses Potential liegt dabei nahezu ausschließlich im Straßenraum. Die Ergebnisse veranschaulichen, wie punktuelle Grünräume (Parks) und lineare Freiräume (umliegende Straßen-Infrastrukturlandschaft) miteinander verschmelzen und transformiert werden. Quantitative Potentiale werden für eine moderate und eine progressive Erweiterung geliefert. Eine stufenweise Umsetzung an Pilotstandorten wird skizzenhaft gezeigt und soll als Orientierungshilfe für Planungsvorhaben und Politik dienen. Ziel war es, neben den Erweiterungsmöglichkeiten von bestehenden Parks den Straßenraum als Freiraumressource klar zu benennen und als städtische Infrastruktur multifunktional weiterzuentwickeln, neu zu codieren und als Grüne Infrastruktur zu verstehen. Dabei werden die traditionelle Gestaltung und Platzverteilung im Straßenraum in Frage gestellt und generalisierbare Lösungsansätze für Planungsprozesse angeboten.
Quellen: Furchtlehner, Jürgen; Lehner, Daniela; Lička. Lilli (2022): Sustainable Streetscapes. Sustainability 14(2).
SORA (2016): Wiener Frei- und Grünraumstudie.
Stadt Wien, MA18 (2020): Stadtklimaanalyse.
Stadt Wien, MA18 (2015): Fachkonzept Grün- und Freiraum