Netzwerk-basiertes Skalieren als sozialräumliche Strategie nicht-kommerzieller Publikationsinitativen am Beispiel des Radical Open Access Collective

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 2.104
Autor*innen
Christoph Schimmel (Universität Innsbruck)
Kurz­be­schreib­ung
Anhand von Studienergebnissen zum internationalen Netzwerk des Radical Open Access Collective, die aus einer qualitativ orientierten Mixed-Methods-Forschung ergehen, wird die Bedeutung sozialräumlicher Strategien wie Netzwerkbildung und –aneignung für nicht-kommerzielle Publikationsinitativen erörtert.
Schlag­wörter
open access, knowledge commons, social networks, social network analysis, scholar-led publishing

Abstract

Wie entwickeln sich Netzwerke mit einem werte-basierten Ansatz bezüglich des wissenschaftlichen Publikationssystems und in welchem Zusammenhang stehen diese zu sozialräumlichen Strategien und der Entwicklung offener Publikationsinfrastrukturen?

Im gemeinsamen Kampf für ein faireres und inklusiveres Publikationssystem in den Geistes- und Sozialwissenschaften schließen sich zahlreiche Wissenschaftler*innen zusammen und bilden multiskalare Netzwerke aus. So versucht als eines der jüngsten internationalen Zusammenschlüsse das Radical Open Access Collective (ROAC) horizontale Allianzen auf internationaler Ebene zu bilden und vertikale Kollaborationen auf kleineren Maßstabsebenen zu stärken.

In meinem Vortrag werde ich sozialräumliche Praktiken (Jessop et al. 2008) und ihre strategische Relevanz für die in der Open-Access-Community engagierten Akteure darlegen. Ziel der Studie ist es, ein erweitertes Verständnis der sozial-räumlichen Theorie aus einer Lefebvre’schen Perspektive in Bezug auf das wissenschaftliche Publikationssystem zu ermöglichen.

Als Fallstudie wird das Radical Open Access Collective (mehr als 60 Mitglieder unterschiedlicher Publikationsinitiativen) in einem Mixed-Methods-Verfahren untersucht. Der Fokus der „qualitativ orientierten“ (Teddlie & Tashakkori 2009: 295) Mixed-Methods-Forschung und der sozialen Netzwerkanalyse liegt auf den sozial-räumlichen Strategien des Kollektivs, z. B. Vernetzung, Stärkung vertikaler Kooperationen und Förderung horizontaler Allianzen. Qualitative Interviews mit Expert*innen aus dem Umfeld des wissenschaftlichen Publikationssystems bilden den Hauptdatensatz, der mit quantitativ erhobenen Daten über das Radical Open Access Collective ergänzt wird.

Die Ergebnisse gliedern sich in eine Darstellung der Vernetzungsstrategien des ROAC, die mittels der sozialen Netzwerkanalyse graphisch visualisiert werden. Darauf aufbauend stelle ich die zentrale Strategie des netzwerk-basierten Skalierens vor, um Herausforderungen der „Nicht-Skalierbarkeit“ (Tsing 2012) im wissenschaftlichen Publikationssystem zu bewältigen und sich für offene und fairere Publikationsinfrastrukturen einzusetzen.

Abschließend zeigt diese Studie, wie wichtig sozial-räumliche Strategien für gemeinnützige Verlagsinitiativen sind, um eine werte-basierte Wissensallmende zu schaffen, die um Unabhängigkeit von staatlichen und marktwirtschaftlichen Strukturen ringt.

Literatur

Jessop, B., Brenner, N. & Jones, M. (2008): Theorizing sociospatial relations. - Environ. Plann. D, 26: 389–401.

Teddlie, C. & Tashakkori, A. (2009): Foundations of Mixed Methods Research: Integrating Quantitative and Qualitative Approaches in the Social and Behavioral Sciences, Los Angeles (SAGE Publications, Inc).

Tsing, A.L. (2012): On Nonscalability. - Common Knowledge, 18: 505–524.