Paradise Revisited? Kommodifizierung und Touristifizierung von Natur auf Mauritius
Abstract
Als Mauritius in den 1970er Jahren Ziel des internationalen Tourismus wurde, beschränkte sich das Image auf das klassische 3-S-Modell (Sea, Sun, Sand), in Übereinstimmung mit der medialen Inszenierung der Insel als Paradies. Im Zuge der ökonomischen Diversifizierung, die mit einer Neuausrichtung touristische Konzepte einhergeht, findet heute eine Neuinszenierung der Kategorien Natur und Wildnis statt. Mauritius steht damit exemplarisch für vom Tourismus abhängige Inselstaaten, die mit Blick auf steigende Ankünfte von Individualreisenden eine Vielfalt an Erlebnisse für Tagesausflüge bieten müssen.
Das fragile Ökosystem der Insel rückt mehr und mehr in den Fokus der beteiligten Akteure – auch bedingt durch die politisch motivierten Bestrebungen, Mauritius zu einer Sustainable Eco-Island zu transformieren. Projekte werden forciert, die das Erlebnis eines angeblich ursprünglichen, grünen Mauritius versprechen, verbunden mit Kategorien wie „unberührte Natur“ oder „Wildnis“. Bei näherer Betrachtung handelt es sich v.a. um Projekte, die Reisende und Expats adressieren bzw. digitale Nomaden, die seit der Coronapandemie angeworben werden. Für diese Projekte wird Natur in zweifach kommodifiziert und touristifiziert: (1) Bestehende Wälder, die insbesondere als Jagdreviere von der ehemaligen kolonialen Elite genutzt wurden, werden für den Tourismus transformiert (z.B. Bel Ombre). Darüber hinaus streben private Initiativen wie der Ebony Forest danach, die vorkoloniale Flora und Fauna wiederherzustellen und nutzen den Tourismus als Finanzierungsquelle. (2) Zu als nachhaltig vermarkteten Bauprojekten zählen insbesondere die für wohlhabende Einheimische und ausländische Investoren attraktiven Smart Cities sowie unzählige Luxuswohnanlagen. Sie werden mit Schlagworten wie „A wild angle on luxury“ (Ekô Savannah), „Green Valley Park“ (Unicity) oder „Savannah – a connected countryside“ (ENL) beworben. Im Widerspruch zu derartigen Konstruktionen geht mit ihrem Bau die Zerstörung empfindlicher Ökozonen einher – eine Tatsache, die von NGOs und Initiativen stark kritisiert wird.
In unserem Beitrag analysieren wir Beispiele der Kommodifizierung und Touristifizierung von Natur auf Mauritius durch die Brille der Critical Sustainabilities (Greenberg 2013, 2018, Sze 2018). Auf Basis empirischer Erhebungen fragen wir, inwiefern hierbei unterschiedliche Facetten von lokalen Nachhaltigkeitsdiskursen bedient werden und warum die Form der marktorientierten Nachhaltigkeit Dominanz hat. Diese zielt weniger darauf ab, Ökosysteme zu schützen, sondern stellt die ökonomische Inwertsetzung in den Fokus. Davon profitiert die ökonomische Elite, die somit ihre seit der Kolonialzeit bestehenden Macht nach dem Niedergang der Zuckerrohrwirtschaft auf einer Post-Sugar Island stabilisiert.