Photovoice in der Mittelschule: Herausforderungen partizipativer Forschung zum Ernährungsalltag von Schüler*innen

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 18:15–19:45
Sitzungsraum
SH 1.105
Autor*innen
Daniela Lippe (Universität Graz)
Karoline Stöcklmayr (Universität Graz)
Kurz­be­schreib­ung
Gemeinsam mit Grazer Schüler*innen forschen wir mittels Photovoice zu zukunftsfähiger Ernährung im Alltag junger Menschen. Der Beitrag präsentiert das Forschungsdesign sowie erste empirische Ergebnisse im Zusammenhang mit Fragestellungen und Herausforderungen zu Photovoice.

Abstract

Photovoice ist eine besonders niederschwellige Methode, durch die partizipative Forschung mit einer breiten Masse ermöglicht wird. Durch ihren emanzipierenden Anspruch grenzt sie sich stark von anderen visuellen Methoden in der Geographie ab: Während Dirksmeier (2007, 6) sie eher als ein „Instrument sozialpolitischer Intervention denn der wissenschaftlich-objektiven Dokumentation und Erhebung“ versteht, heben wir gerade dieses sozialpolitische Selbstverständnis der Methode als großen Vorteil heraus. Photovoice ist besonders gut geeignet für Partizipative Aktionsforschung, die als Forschungspraxis ein Zusammenspiel von Forschung, politischer Haltung, Bildung und Aktionen erlaubt. Der daraus resultierende Prozess soll es erleichtern, gemeinschaftlich Lösungsansätze für gesellschaftliche Probleme zu finden (Pettig et al. 2021, 14).

Allerdings haben u. a. Wang und Burris (1997, 374-375) bereits in einer ihrer frühen Arbeiten auf Schwierigkeiten, die bei der Arbeit mit Photovoice entstehen können, hingewiesen. In ihrer Umsetzung im institutionellen Schulkontext weitet die Methode und der Anspruch einer Partizipativen Aktionsforschung außerdem den Blick für neue Herausforderungen. Hier gilt es den partizipativen Charakter der Forschungsmethode zu bewahren und die sie innerhalb des institutionellen Machtgefälles zwischen Lehrpersonen und Schüler*innen zu platzieren sowie das Spannungsfeld, das im Schulkontext zwischen Partizipation und Vermittlung von Fachinhalten entstehen kann, zu bespielen. Weiters kann die Methode aufgrund anderer Faktoren, wie z. B. der Schulorganisation, trotz ihres niederschwelligen Charakters an ihre Grenzen stoßen.

Mit dem Anspruch, diesen Herausforderungen konstruktiv und produktiv zu begegnen, forschen wir im Projekt „EAT+CHANGE“ und nehmen gemeinsam mit Grazer Schüler*innen zukunftsfähige Ernährung im Alltag junger Menschen in den Blick. Als Co-Forscher*innen (von Unger 2014) sollen die Schüler*innen mittels Photovoice zur Aushandlung einer sozial-ökologischen Transformation angeregt werden (Pettig et al. 2021, 19). Der Beitrag präsentiert das Forschungsdesign sowie erste empirische Ergebnisse im Zusammenhang mit Herausforderungen von und Fragestellungen zu Photovoice.

Dirksmeier, Peter. 2007. Der husserlsche Bildbegriff als theoretische Grundlage der reflexiven Fotografie: Ein Beitrag zur visuellen Methodologie in der Humangeografie. Social Geography, 2 (Jänner): 1-10. doi:10.5194/sg-2-1-2007.

Pettig, Fabian, Virchow, Laurenz, Schweizer, Paul, Halder, Severin, und Martina Neuburger. 2021. Miteinander Wissen schaffen. Partizipative Aktionsforschung als geographische Bildungspraxis. GW-Unterricht 164, Nr. 4 (Oktober): 14–26. doi.org/10.1553/gw-unterricht164s14.

Unger, Hella von. 2014. Partizipative Forschung. Wiesbaden: Springer VS.

Wang, Caroline und Mary Ann Burris. 1997. Photovoice: Concept, methodology, and use for participatory needs assessment. Health Education & Behavior 24, Nr. 3 (Juni): 369–387.