Placing Nation: Eine Place-Perspektive zur Erkundung von Nation als imaginierte Gemeinschaft in Nationalparks

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
HZ 4
Autor*innen
Jessica Balling (KU Eichstätt-Ingolstadt)
Kurz­be­schreib­ung
Placing Nation erkundet in den Nationalparks Feuerland (Argentinien) und Triglav (Slowenien) die alltägliche (Re-)Produktion und (Re-)Konfiguration von Nation als imaginierte Gemeinschaft.
Schlag­wörter

Abstract

Dieser Beitrag zeigt auf, wie das Einnehmen einer assemblage-inspirierten Place-Perspektive (Cresswell 2019) die Möglichkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit der alltäglichen (Re‑)Produktion und (Re‑)Konfiguration von Nation als imaginierte Gemeinschaft (Anderson 1983) in Nationalparks bietet. Nationalparks werden vielfach durch ihre institutionelle Anbindung und ihren repräsentativen Charakter als Ausdruck staatlicher Präsenz gesehen und ihre sozialen, ökonomischen und ökologischen Verflechtungen und Implikationen untersucht. Umgekehrt zeigen vor allem aktuelle Beiträge der Umweltgeschichte, dass Nationalparks, beispielsweise in Argentinien, als Instrument zur Durchsetzung kolonialer Machtbestrebungen und zur Etablierung und Manifestierung nationaler Souveränität gegründet wurden. Dieser Beitrag analysiert anhand der Nationalparks Feuerland in Argentinien und Triglav in Slowenien, wie Nation in Nationalparks heute als begrenzt, imaginiert, souverän und als Gemeinschaft vor Ort kontinuierlich diskursiv-materiell (re‑)konfiguriert wird. Untersucht wird dies anhand der Darstellung, Vermittlung und Erfahrung von Naturschutz und Kulturerbe. Als eine der Hauptaufgaben von Nationalparks wird dies sowohl für Besuchende als auch für Einheimische vielfach reproduziert. Die angewandte Place-Perspektive bietet die Möglichkeit einer in-situ stattfindenden, integrativen Betrachtung von Bedeutungen, Materialitäten und Praktiken als Teil dieser Reproduktion. In den Blick genommen werden somit die direkte Vermittlung von Informationen auf Schildern oder durch Gesprochenes der Guides, aber auch Tiere, Karten, Ortsnamen sowie das Agieren von Guides und Besuchenden. Die Nationalparks befinden sich in unterschiedlichen soziokulturellen Setting. In beiden spielt Nation jedoch eine bedeutende Rolle, was eine differenzierte Betrachtung ermöglicht. Erste Ergebnisse zeigen in beiden Parks sowohl territorialisierende als auch deterritorialisierende Prozesse und somit, eine vor Ort stattfindende, (Re‑)Konfiguration von Nation. Sichtbar werden durch diese Perspektive, beispielsweise in Argentinien, sich reproduzierende koloniale Machtverhältnisse sowie eine starke Abgrenzung zu Chile. Auf der anderen Seite destabilisieren vor allem Biber diese Abgrenzung und durch sie entwickelt sich die Vorstellung von einer Insel Feuerland. In Slowenien lassen sich gegensätzliche Konfigurationen von Nation erkennen. Vor allem durch die diskursive und materielle Präsentation des Ersten Weltkrieges werden Grenzen und der Sinn von Nationalismen stark infrage gestellt. Gleichzeitig findet eine, mit Naturelementen verwobene Materialisierung und Manifestierung slowenischer Staatsangehöriger als nationale Gemeinschaft statt. Die Place-Perspektive ermöglicht es somit, Nation nicht nur als diskursiv, sondern auch als in-situ, verwoben mit Praktiken und Materialitäten zu erkunden und somit diverse Facetten (de‑)territorialisierender Prozesse zu erkennen.