Polizeilicher Umgang mit Rassismus im räumlichen Kontext

Vortrag
Teil der Sitzung
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 0.101
Autor*innen
Leon Rosa Reichle (Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag diskutiert die Relevanz räumlicher, polit-ökonomischer Faktoren für die polizeiliche Auseinandersetzung mit Rassismus. Die Hypothesen bilden einen Arbeitsstand aus einer laufenden, qualitativ-ethnographischen Erhebung ab.

Abstract

Nicht zuletzt aufgrund des konjunkturellen Drucks kritischer Wissenschaften ist das polizeiliche Rassismusproblem in Deutschland gegenwärtig schwer zu ignorieren. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich eine aktuelle empirische Untersuchung mit der behördlichen Auseinandersetzung mit Rassismus. Wie geht die Polizei mit Rassismus, oder wenigstens mit diesem antirassistischem Druck um? Im Kontext der laufenden empirischen Untersuchung diskutiert der Beitrag die Rolle lokaler Kontextfaktoren für polizeiliche Strategien und Diskurse.

In der gegenwärtigen Studie wird ethnographisch und qualitativ der Innen- beziehungsweise Ermittlungsdienst erforscht. Im Kontrast zu bestehenden Arbeiten zu Außendienst, Streifendienst, und insbesondere racial profiling, liegt das Interesse damit nicht auf der Verknüpfung rassistischer und raumproduzierender Polizeipraktiken. Stattdessen wird, ausgehend von bestehenden und gut untersuchten rassistischen gesellschaftlichen (und polizeilichen) Realitäten die Frage nach der behördlichen Auseinandersetzung gestellt. Anhand ethnographischer Daten zu (mindestens) zwei Feldzugangsversuchen in Thüringen und Bayern und ethnographischen und Interviewdaten aus (mindestens) einer lokalen Fallstudie in Thüringen werden zunächst erste Erkenntnisse zur polizeilichen Auseinandersetzung skizziert. Dabei spielt der Feldzugang, und damit das (nicht) Zulassen der /Erforschung/ des Umgangs mit Rassismus eine zentrale Rolle. Ebenso wie der Umgang mit der forschenden Person und bestehende Maßnahmen wird der Feldzugangsprozess mit Sarah Ahmed’s Konzept der Nonperformativität von Antirassismus eingeordnet.

Im zweiten Schritt werden die unterschiedlichen Zugangshürden, Zusage- oder Ablehnungsbegründungen und schließlich Daten aus dem Behördenalltag auf verschiedenen Ebenen eingeordnet. Dabei werden die individuelle Ebene (Polizeibeamt:innen), verschiedene Organisatorische Ebenen, die Außenbeziehung der Organisation und schließlich, zentral, die lokale Verortung der jeweiligen Behörde auf ihre Rolle beim Umgang mit Rassismus geprüft. Warum wird sich wo wie mit dem Thema auseinandergesetzt? Welche Rolle spielen Raumklima, Ressourcen und lokale Geschichte, insbesondere in Hinblick auf antirassistische Bewegungen und Druck gegenüber der Behörde? Die aufgestellten Hypothesen stellen einen aktuellen Arbeitsstand dar und sollen zur Diskussion über die Relevanz von Behördenstruktur und polit-ökonomischen verräumlichten Kontextbedingungen für polizeiliche Umgangsweisen mit Rassismus, und damit auch Formen von polizeilichem Rassismus einladen.