“Post-Office”: Räumliche Perspektiven auf die Veränderungen in der wissensgenerierenden kollaborativen Arbeit

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 2.101
Autor*innen
Lea Molina Caminero (Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS))
Suntje Schmidt (Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS))
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag beschäftigt sich mit den räumlichen Implikationen von zunehmenden mobilen und multilokalen, analog-digitalen Arbeitspraktiken in der kollaborativen Wissensarbeit.
Schlag­wörter
Geographien der Arbeit, Digitale Geographien, New Work, Post-Corona

Abstract

Die Digitalisierung hat die Organisation von Arbeitsprozessen in der Kreativ- und Wissensarbeit grundlegend verändert. Neue räumliche Lösungen wie z. B. kollaborative Arbeits- und Wohnorte und die wachsende Rolle digitaler Technologien, die die Praktiken der Zusammenarbeit über räumliche und organisatorische Distanzen hinweg ermöglichen, haben maßgeblich Einfluss darauf, wie und in welchen räumlichen Konstellationen kollaborative Wissensarbeit stattfindet (Grabher u. a. 2018; Bürgin u. a. 2022). Die Covid-19 Pandemie hat diese Prozesse beschleunigt, da Arbeitsroutinen und -praktiken der Zusammenarbeit innerhalb kürzester Zeit angepasst und verändert werden mussten (Islam 2022). In jüngster Zeit erschließen Wissensarbeiter*innen neue Räume für ihre Arbeit – von Coworking Spaces in der Stadt über Workation auf dem Land bis hin zu Lebens- und Arbeitskonzepten, die verschiedene Arbeits- und Lebensorte miteinander verbinden. Somit entstehend zunehmend hybride Räume, in denen Arbeitsprozesse und -verhältnisse stetig neu verhandelt werden müssen (Rainoldi, Ladkin und Buhalis 2022; Migliore, Ceinar und Tagliaro 2021). Tradierte dichotome Vorstellungen von städtischen und ländlichen Räumen, Räumen der Produktion und des Konsums sowie Räumen der Erwerbsarbeit und der Reproduktionsarbeit werden durch die Hybridisierung und Restrukturierung von Arbeit und Raum zunehmend aufgebrochen und miteinander verschnitten (Höhne und Michel 2021). Hieraus ergeben sich neue sozialräumliche Gefüge von Arbeit, die es näher zu untersuchen gilt.

Mit diesem Beitrag möchten wir eine erweiterte Perspektive der kollaborativen Wissensarbeit aufzeigen, die Arbeit als zeitlich-räumlichen Prozess versteht, der mehrere Orte umfasst. Darüber hinaus untersuchen wir eine erweiterte räumliche Perspektive auf kollaborative Wissensarbeit, die On/Offline-Arbeitsräume (Ibert u. a. 2022) konzeptualisiert und damit versucht, eine bisher einseitige Sichtweise zu überwinden, die entweder die digitalen oder die physischen Dimensionen von Arbeitsumgebungen betont. Vor diesem Hintergrund wirft der Beitrag die Frage auf, wie räumliche Arrangements kollaborativer Wissensarbeit (offline, online, on/offline) konzeptualisiert werden können. Hierfür wird „Post-Office“ als Metapher verwendet, die darauf hinweist, dass kollaborative Wissensarbeit auf neuen On-/Offline-Räumen für die Zusammenstellung von Ressourcen außerhalb traditioneller Büros aufbaut. Die Metapher umfasst somit die Mobilität von Akteuren und Materialien sowie ihre Strategien, um mehrere Arbeitsorte und Ressourcen zusammenzubringen.