Property matters: Gestaltbarkeit und Grenzen partizipativer Dorfentwicklung im Strukturwandel
Abstract
Eigentum ist gesellschaftskonstituierend und bestimmt soziale Beziehungen sowie Praktiken. Es trägt dabei zur Konstruktion der sozialen Alltagswelt und heterogener Vorstellungen von wünschenswerten Zukünften bei.
Denn Eigentum verleiht räumliche und zeitliche Deutungs- und Entscheidungsmacht.
Gegenwärtig, im Gefüge des anstehenden Strukturwandels im Mitteldeutschen Revier und der rasanten Miet‑, Kauf- und Bodenpreissteigerung der vergangenen Jahre, scheint Eigentum und dessen Aushandlungen – wie der Titel unseres Vortrags suggeriert – eine wachsende Bedeutung zuzukommen. Im Fokus steht das einst vom Braunkohleabbau bedrohte und nun von Leerstand gezeichnete Dorf Pödelwitz im Südraum von Leipzig.
Hier, am Rande des noch aktiven Tagebaus, stoßen die Bemühungen des Vereins Pödelwitz hat Zukunft e.V. für eine partizipative Dorfgestaltung mit kollektiven Wohn‑, Arbeits- und Eigentumsformen dialektisch auf die privatwirtschaftlichen Interessen des Bergbauunternehmens Mibrag. Dessen Besitz umfasst neben weitreichenden Flächen in der Region auch 80% des örtlichen Gebäudebestandes. Es verfügt damit gegenüber den Anrainergemeinden und den Vereinsmitgliedern über zeitliche und inhaltliche Gestaltungsmacht, die nicht nur kommunale und zivilgesellschaftliche Vorhaben blockieren kann, sondern manifestiert vielmehr die eigene Rolle im Revier sowie profitable, neue Geschäftsfelder.
Mit Hilfe eines interdisziplinären Forschungsansatzes (Action Research) haben wir den Partizipationsprozess mit Wohninteressierten und Anrainer*innen begleitet, die Nutzungsideen visualisiert (Mapping) und als Diskussionsgrundlage genutzt.
Gemeinsam mit den Einblicken aus qualitativen Interviews mit involvierten Akteur*innen konnten die narrativen Vignetten, Rahmenbedingungen und Bruchlinien in den Aushandlungen eines wünschenswerten Strukturwandels nachgezeichnet werden.
Die Forschungsergebnisse verdeutlichen, welche (un)eingeschränkte Verfügungsgewalt Privateigentum innewohnt und inwieweit dies in der Strukturwandelförderung berücksichtigt werden sollte.
Zudem zeigt sich, dass die unterschiedliche Ausstattung mit Erfahrungs- und Lokalwissen und damit einhergehenden sozialen Netzwerken, Legitimation und Akzeptanz die asymmetrischen Eigentumsstrukturen weiter verstärken. Gleichzeitig prägen mentale Infrastrukturen, die affektive Verbundenheit zur Kohle und die industrielle Vergangenheit die Vorstellungen von Zukünften nach der Kohle.
Über die Neugestaltung des Dorfes könnten die Fragen nach lebenswerten Orten und einem wünschenswerten Strukturwandel im ländlichen Raum für zivile Teilhabe geöffnet und wichtige Impulse für eine transformative Kommunalentwicklung gesetzt werden.
Letztlich können die Ausgestaltungs- und Teilhabechancen im Sinne einer Just Transition nur dann genutzt werden, wenn Eigentumsstrukturen diese nicht überformen. Die Forschungsergebnisse liefern einen empirischen wie konzeptionellen Beitrag zur Subdisziplin der Legal Geographies.