Prozessuale Legitimationsgeographien der Energiewende

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
HZ 14
Autor*innen
Elena Hubner (Leibniz Universität Hannover)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag verknüpft sozialwissenschaftliche Vorstellungen von Legitimität mit Grundideen der Prozessphilosophie nach A. N. Whitehead, um eine Idee von Legitimationsgeographien der Energiewende als prozessuales System von Gesellschaft, Individuum, Raum und Technologie zu entwerfen.

Abstract

Die Wende zu nachhaltigen Formen der Energiegewinnung geht mit Dezentralisierungsprozessen einher: Nicht nur verlagern sich die Standorte der Energieerzeugung in den ländlichen Raum, sondern auch der individuellen, dekonzentrierten Versorgung mit Energie kommt eine größere Bedeutung als bislang zu. Es überrascht daher, dass in der humangeographischen Beschäftigung mit Energiewendeprozessen auf diskursiver Ebene ausgetragene Konflikte um landschaftliche Ästhetik und Flächenverbrauch oder um Governance-Strukturen den Blick auf privates Engagement zu verdecken scheinen. Eine dezidiert sozialgeographische Beschäftigung mit privatem Engagement, einen individuellen Beitrag zur Energiewende zu leisten, kann jedoch entscheidende Hinweise auf räumlich, gesellschaftlich und individuell induzierte Einflussfaktoren geben, die zu einem raschen Gelingen der Energiewende beitragen.

In einer initialen Annäherung beschäftigt sich der Beitrag konzeptionell mit der Vielgestaltigkeit von Energiewendeprozesse auf Ebene der Privathaushalte. Ausgehend von der Überlegung, dass die Bereitschaft zum Engagement entscheidend von einer Legitimation innovativer Technologien, neuen Verhaltensmustern oder ausgewählter Restriktionen abhängt, geht der Beitrag davon aus, dass das Potential, das Legitimitätsvorstellungen zur Erklärung von Energiewendeprozesse bereitstellt, in der Sozialgeographie noch nicht in Gänze ausgeschöpft wird. Daher verbindet er sozialwissenschaftliche Vorstellungen von Legitimität mit prozessphilosophischen Ideen von Alfred North Whitehead, um so eine Vorstellung prozessualer Legitimationsgeographien der Energiewende auf Ebene von Privathaushalten zu entwerfen. Dazu stellt er zunächst den bisherigen wirtschaftsgeographischen Überlegungen zu technologischer Legitimität eine Vorstellung von Legitimität als sozialer Prozess zur Seite, die zu erklären vermag, wie Energietechnologien und Verhaltensnormen zu gesellschaftlicher und individueller Befürwortung kommen. Daraufhin werden die Grundideen der Prozessphilosophie, die ein Ansatz des spekulativen Nachdenkens über die Entstehung von Realität in Prozessen ist, und von der These ausgeht, dass nichts in der Welt substanziell existiert, mit diesen Vorstellungen von Legitimität verbunden. Entscheidend dabei ist, dass es bei Whitehead keine hierarchischen Abstufungen zwischen allen möglichen Entitäten der Realität gibt. Aus diesem Grund können mit Hilfe der Prozessphilosophie sowohl räumlich-materielle Konstituenten sowie individuell-subjektiven Einstellungen in die Vorstellungen von Legitimität einbezogen werden. So kann schließlich eine Idee von Legitimationsgeographien der Energiewende als prozessuales System von Gesellschaft, Individuum, Raum und Technologie entworfen werden, das hilft die Energiewende hemmende und erleichternde Faktoren auf Haushaltsebene zu identifizieren und damit Ideen zu einer Beschleunigung der Energiewende herauszuarbeiten.