Regionale Bevölkerungsvorausberechnungen für Deutschland: Wirkungsanalyse variierender Annahmen von Binnen- und Außenwanderung

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
SH 0.106
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Regionale Bevölkerungsvorausberechnungen sind für die Planung des künftigen Infrastrukturbedarfs höchst relevant. Mit Szenarien variierender interner und internationaler Migrationsannahmen liefern wir Ergebnisse, wie sich die Bevölkerung auf Kreisebene in den kommenden Jahrzehnten entwickeln könnte.

Abstract

Kleinräumige Bevölkerungsvorausberechnungen sind für die Planung und Zuweisung von Mitteln für den künftigen Infrastrukturbedarf für lokale Behörden höchst relevant, z. B. für Wohnungsbau, Verkehrsinfrastruktur, Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulbildung, die Gesundheitsversorgung und die Altenpflege. Vor dem Hintergrund fortschreitender Bevölkerungsalterung und sich verändernden räumlichen Mustern der Binnen- und Außenwanderung ist die voraussichtliche Entwicklung der Bevölkerung auf lokaler Ebene von besonderem Interesse. Aufgrund des anhaltend niedrigen Geburtenniveaus in Deutschland kommt dem Migrationsgeschehen für die künftige Bevölkerungsentwicklung auf nationaler wie regionaler Ebene eine große und steigende Bedeutung zu.

Während die Bevölkerung auf Bundes- und Landesebene in Deutschland offiziell nach verschiedenen Szenarien prognostiziert wird, liegt für die offizielle Bevölkerungsprognose des Bundesinstituts für Bau‑, Stadt- und Raumforschung (BBSR) auf Kreisebene bisher nur eine Variante vor. Mit Szenarien, in denen interne und internationale Migrationsannahmen variiert werden, liefern wir, zusätzlich zu einem Basisszenario, Ergebnisse darüber, wie sich die Bevölkerung auf Kreisebene in den kommenden Jahrzehnten unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen potenziell entwickeln könnte.

Die Vorausberechnung wird mit einem klassischen Kohortenkomponentenmodell erstellt. Wir definieren und verwenden niedrige, mittlere und hohe Szenarien für den internationalen Wanderungssaldo in Anlehnung an die Annahmen der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung von DESTATIS sowie verschiedene Szenarien für die Binnenwanderung, in denen wir zusätzlich zu einem Basisszenario mit durchschnittlichen Binnenwanderungsraten der letzten Jahre auch Annahmen zum zyklischen Muster der Urbanisierungs- und Suburbanisierungswanderung treffen. Insgesamt ergibt dies neun mögliche Szenario-Kombinationen, deren Ergebnisse – dargestellt nach siedlungsstrukturellem Kreistyp und Altersgruppen – Aufschluss über die Spannweite möglicher künftiger Entwicklungen der regionalen Bevölkerungsstruktur geben.

Die Variation des erwarteten internationalen Wanderungssaldos, in Kombination mit den drei Binnenwanderungsszenarien, offenbaren große Unterschiede in der prognostizierten Bevölkerung nach Kreistyp. So zeigt sich beispielsweise, dass gerade die kreisfreien Großstädte in den kommenden Jahrzehnten unter nahezu allen Szenarien (weiterhin) große Bevölkerungszugewinne erzielen würden, während ländliche Kreise nur unter der Annahme eines hohen Außenwanderungssaldos keine beziehungsweise nur geringe Bevölkerungsverluste verzeichnen würden. Auch die Altersstruktur zeigt deutliche Unterschiede nach Kreistyp: Zukünftig wird weiterhin die mit Abstand jüngste Bevölkerung in den kreisfreien Großstädten erwartet. Neben der direkten Auswirkung der Altersstruktur zukünftiger Wanderungen ist der momentane Altersaufbau in den Kreisen hierfür ausschlaggebend.