Relationale Betrachtung von Theorie und Empirie in gesellschaftswissenschaftlichen Fächerverbünden
Abstract
Gesellschaftswissenschaftliche Fächerverbünde werden seit ihrer Existenz von einer kontrovers geprägten bildungs- und fachpolitischen Diskussion über ihre grundsätzliche Daseinsberechtigung überschattet. Die fach- und bildungspolitischen Argumentationslinien basieren im Wesentlichen auf erfahrungsbasierten Wahrnehmungen, subjektiven Annahmen oder einem Interessengemenge. Eine Bezugnahme zu wissenschaftlichen Theorien oder empirischen Forschungsergebnissen bildet eher die Ausnahme. Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren wichtige theoretische Überlegungen und empirische Forschungsvorhaben hervorgebracht worden, die aktuell eine wissenschaftliche Diskussion um das Fach Gesellschaftswissenschaften umso lohnenswerter erscheinen lässt.
Die einerseits zunehmend theoretisch geprägte Diskussion der letzten Jahre samt den andererseits voranschreitenden empirischen Forschungsvorhaben lassen einen sich allmählich herausbildenden (neuen) Entwicklungspfad gesellschaftswissenschaftlicher Fachdidaktik vermuten. Dieser Entwicklungspfad ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass aus Perspektive unterschiedlicher Bezugsfachdidaktiken der Geographie, Geschichte und Sozialkunde versucht wird, damalige Versäumnisse einer Theoriebildung systematisch zu überwinden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob in den assoziierten gesellschaftswissenschaftlichen Bezugsfachdidaktiken bereits eine Transformation eingeleitet wurde, ohne dass dies von den daran beteiligten Akteuren bemerkt worden ist.
Durch die Schaffung eines diskursanalytischen Zugangs wurde zunächst ein Textkorpus aus mehr als 200 möglichen Literaturreferenzen zum Themenfeld gesellschaftswissenschaftlicher Fächerverbünde zusammengestellt und in zwei Betrachtungsebenen eingeteilt. Mithilfe weiterer Analyseschritte konnte der Textkorpus auf zentrale Diskursfragmente der letzten 50 Jahre reduziert und auf das Vorhandensein möglicher wissenschaftlicher Merkmalskonfigurationen wie Theorien, Modelle und Empirie analysiert werden. Die Ergebnisse repräsentieren die Relationen von Theorie und Empirie gesellschaftswissenschaftlicher Fächerverbünde und symbolisieren zugleich einen methodologischen Zugang künftiger interdisziplinärer Wissenschaftspraktik.