Schülervorstellungen zur globalen Verteilung von Temperatur, Niederschlag und Vegetation
Abstract
Wissen um globale klima- und vegetationsgeographische Strukturen fungiert als ein räumliches Ordnungssystem, mit Hilfe dessen Schüler*innen die klimatischen und vegetationskundlichen Ausprägungen von Orten ableiten sollen. Trotz der hohen Präsenz des Themas im Geographieunterricht liegen nur wenige Studien zu Schülervorstellungen hierzu vor (Reinfried & Schuler 2009, 129).
In dem Vortrag wird eine Synthese aus den Befunden zahlreicher Abschlussarbeiten in der AG Geographiedidaktik am Campus Landau zu Schülervorstellungen in diesem Feld präsentiert. Im Rahmen dieser Forschung wurden zuerst leitfadengestützte Interviews mit Schüler*innen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Schulformen durchgeführt, um Schülervorstellungen zu rekonstruieren. In weiteren Arbeiten wurde ein darauf aufbauender Fragebogen eingesetzt, um Vergleiche zwischen Altersgruppen und Schulformen durchzuführen.
Die Studien zeigten, dass Schüler*innen über eine Reihe unterschiedlicher Strategien verfügen, um die konkreten klimatischen und vegetationskundlichen Ausprägungen an einem vorgegebenen Ort herzuleiten. Während die Vorstellung von einem Gradienten zunehmender Durchschnittstemperaturen von den Polen zum Äquator sehr verbreitet ist und meistens zu angemessenen Schlüssen zur Temperaturausprägung an vorgegebenen Orten führt, zeigen sich deutliche Schwierigkeiten bei der globalen Verteilung der Jahresniederschlagsmengen und der natürlichen Vegetation. Viele Schüler*innen greifen auf eine Vorstellung zurück, wonach die (Jahres‑)Niederschlagsmenge um so geringer sei, je höher die (Jahres‑)Durchschnittstemperatur sei. Entsprechend folgern sie ausgehend vom globalen Temperaturgradienten, dass es entlang des Äquators besonders trocken sei und dort Wüsten auftreten. Eine andere verbreitete Strategie bedient sich stereotyper Vorstellungen zu Kontinenten und leitet daraus die konkreten Ausprägungen von Temperatur, Niederschlag und Vegetation an einem Ort ab. Hierbei ist besonders die Vorstellung von einem einheitlich warmen, trockenen und wüstenartigen Afrika verbreitet.
In Orientierung am Koexistenzansatz (Potvin 2013) werden die Schüleraussagen zur Ausprägung von Temperatur, Niederschlag und Vegetation an einem Ort als Zugriff innerhalb eines Sets an koexistierenden Vorstellungen interpretiert. Lernen zur globalen Verteilung von Temperatur, Niederschlag und Vegetation bedeutet demnach ein zunehmend kontrolliertes Unterdrücken eines intuitiven Zugriffs auf nichtpassende Vorstellungen. Eine experimentellen Studie, in der Achtklässler*innen nach dem Unterricht zu diesem Thema kontraintuitive Aufgaben zur klima- und vegetationsgeographischen Ausprägung an verschiedenen Orten bearbeiten mussten, unterstützte diese Interpretation: Schüler*innen, die die Aufgaben unter Zeitdruck lösen mussten, schnitten signifikant schlechter ab als Schüler*innen, die die Aufgaben ohne Zeitdruck oder zusätzlich mit bereitgestellten Prompts lösen mussten.