Sicherung der Daseinsvorsorge durch kulturelle Leuchtturm-Projekte? Kulturelle Entwicklung im ländlichen Raum am Beispiel der TauberPhilharmonie

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 1.108
Autor*innen
Christoph Mager (Karlsruher Institut für Technologie)
Madeleine Wagner (Karlsruher Institut für Technologie)
Kurz­be­schreib­ung
Am Beispiel eines kulturellen Leuchtturm-Projekts im ländlichen Raum fragen wir, inwiefern in kulturellen Infrastrukturen das Spannungsfeld von Institutionalisierung, (über-)regionaler Strahlkraft und lokaler sozial-kultureller Daseinsvorsorge verhandelt wird.
Schlag­wörter
kulturelle Infrastruktur, embeddedness, Leuchtturm-Projekt, Deutschland, Daseinsvorsorge

Abstract

Bereits vor der Corona-Pandemie wurde eine Krise der Infrastrukturversorgung konstatiert, von der auch sozial-kulturelle Einrichtungen betroffen seien. Die Versorgung mit sozialen Treffpunkten für Bürger*innen, multifunktional zu nutzenden Räumlichkeiten für Vereine und Initiativen sowie mit Orten kultureller Betätigung und Vermittlung weise Lücken auf, die sich in den vergangenen drei Jahren vergrößert hätten. Um diesen Krisenerscheinungen entgegenzuwirken, werden in Deutschland auf nationaler Ebene und in den einzelnen Bundesländern Förderprogramme zur Sicherung sozial-kultureller Angebote mit der Maßgabe aufgelegt, die Daseinsvorsorge in Stadt und Land sicherzustellen. Ziel ist es hierbei vor allem, bereits bestehende Initiativen projektbezogen zu unterstützen, weiterzuentwickeln oder wiederzubeleben. Selten hingegen entstehen dauerhaft neue Angebote oder größere kulturelle Infrastrukturen.

Am Beispiel der TauberPhilharmonie, einem 15 Millionen Euro teuren Konzert- und Veranstaltungshaus, das 2019 in der Kleinstadt Weikersheim im nördlichen Baden-Württemberg eröffnet wurde, kartieren und bewerten wir die sich wandelnden Diskurse und Netzwerke beim Aufbau und beim Betrieb einer neuen kulturellen Infrastruktur im ländlichen Raum. Konzeptionell nutzen wir Konzepte von Embeddedness, um die räumliche und relationale Verankerung verschiedener Akteur*innen und Netzwerke zu untersuchen. Anhand einer Analyse von Zeitungsberichten, Planungsdokumenten, Sitzungsprotokollen und Interviews mit Interessenvertreter*innen aus Regionalplanung, Stadtverwaltung und Kulturarbeit zeigen wir, inwiefern in und über Infrastrukturen Fragen von Versorgung verhandelt werden. Im Spannungsfeld von Institutionalisierung, Vermarktung von Kulturprogrammen mit (über )regionaler Strahlkraft und lokalen Bedarfen wird deutlich, dass Infrastrukturen insbesondere in volatilen Zeiten weniger die Rolle planbarer Dienstleisterinnen der kulturellen Daseinsvorsorge als flexibel und multiskalar eingebetteter, sozialer Orte zukommen kann.