Sorgearbeit Vergesellschaften: Anforderungen an Unterstützungsstrukturen der Sorgenden Stadt, am Beispiel Alleinerziehender in Berlin-Lichtenberg

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 6
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Welche stadtpolitische Versorgungsaufgabe lässt sich aus den Bedarfen an (institutionell organisierter) Unterstützung für Sorgetragende ableiten und welche Anforderungen an die Reorganisation und Vergesellschaftung von Sorgestrukturen ergeben sich daraus? Diese Fragen werden anhand der Gruppe der Alleinerziehenden diskutiert.

Abstract

In meinem Beitrag möchte ich Sorge-Infrastrukturen, als zentralen Bestandteil der Daseinsvorsorge, in die Debatte um Vergesellschaftung einbringen und diskutieren welche Möglichkeiten Vergesellschaftung im Bereich der Sorge bietet.

Aktuell wird die Vergesellschaftung von Sorgearbeit unter dem Schlagwort Sorgende Städte, zunehmend als vielversprechender Ansatz diskutiert (Sorgende Städte Konferenz - Bremen 2023, Vergesellschaftungskonferenz - Berlin 2022) da dies u.a. eine (Re‑)Organisation von Sorgearbeit ermöglichen würde, die sich nicht an Profiten sondern an den Bedarfen der Sorgetragenden orientiert.

Denn auch im Care-Bereich sind Privatisierung und neoliberale Umstrukturierung kommunaler Infrastrukturen deutlich spürbar und führen zu einer doppelten Privatisierung: wer es sich leisten kann, lagert soziale Reproduktionsarbeit an professionelle, meist private Dienstleister*innen (oftmals migrantisierte Sorgarbeitende) aus, für andere bedeutet diese Entwicklung eine zunehmende Verlagerung dieser Arbeiten in den privaten Wohnraum und die Angewiesenheit auf soziale Netzwerke. In beiden Fällen findet eine Verschiebung in private Verantwortung statt, bei der die finanziellen und emotionalen Kosten individualisiert werden. Hier setze die Debatte um Sorgende Städte an und fordert Care-Arbeit aus der geschlechtlichen Zuweisung zu befreien und sie in gesellschaftliche Verantwortung zu überführen.

Wie also kann die Vergesellschaftung von Sorgearbeit, als Teil einer zukunftsweisenden, feministischen Transformation der Städte konkret aussehen? Welche Anforderungen an die Reorganisation von Sorgestrukturen stellen sich?

Diesen Fragen näher ich mich anhand einer Gruppe von Sorgetragenden, die in besonderem Maße auf gut funktionierende und auf ihre Bedarfe abgestimmte Sorge-Infrastruktur angewiesen sind: Alleinerziehende. Sie stehen vor vielfältigen Herausforderungen, da sie Erwerbs- Haus- und Erziehungsarbeit auf sich gestellt bewerkstelligen müssen. Da ein privates Unterstützungsnetzwerk nicht immer ausreichend vorhanden ist, sind wohnortnahe, institutionelle Angebote der Beratung und Unterstützung für die multiplen Problemlagen Alleinerziehender um so wichtiger. Zugleich stellen Alleinerziehende (oder gemeinsam, getrennt erziehende Eltern), geschlechtliche Rollenzuweisungen und Familienbilder in Frage. Die Beschäftigung mit dieser Gruppe von Sorgetragenden verspricht daher richtungsweisende Erkenntnisse für die Reorganisation und Vergesellschaftung von Sorgearbeit.

In meinem Beitrag möchte ich auf Grundlage qualitativer Interviews mit Alleinerziehenden und institutionellen Unterstützungsstrukturen für Alleinerziehende in Berlin-Lichtenberg, die ich Anfang 2023 im Rahmen meiner Masterarbeit geführt habe diskutieren, welche stadtpolitische Versorgungsaufgabe aus den Bedarfen an (institutionell organisierter) Unterstützung für Sorgetragende resultiert und was sich daraus für die Vergesellschaftung von Sorgearbeit und Sorgende Städte ableiten lässt.