Soziale Medien in der Krise: Navigieren durch ein aufkeimendes Forschungsfeld
Abstract
Die Bewältigung von Krisen hat sich durch das Aufkommen Sozialer Medien fundamental verändert und wird ambivalent diskutiert. Auf der einen Seite stehen erweiterte Möglichkeiten der aktiven Partizipation von Bürger*innen an der Krisenbewältigung. Besonders im Fokus stehen hier etwa Strukturen der selbstorganisierten Hilfe über Soziale Medien, die komplementär zu formalen Krisenbewältigungsstrukturen (ortsgebunden) entstehen (etwa bei der Erstversorgung von Geflüchteten 2015 oder Nachbarschaftshilfen während der Corona-Pandemie). Auf der anderen Seite stehen Herausforderungen, die vor allem aus der rapiden Verbreitung von (oftmals nicht verifizierten) Informationen resultieren.
Die jüngeren globalen Krisen haben den Bedarf nach einem tieferen Verständnis Sozialer Medien in Krisen verdeutlicht. Insbesondere die Corona-Pandemie hat die (interdisziplinäre) Forschung hierzu derart angeheizt, dass derzeit Arbeiten in einer kaum zu überblickenden Vielzahl erscheinen, was zu einem diffusen Gesamtbild der Forschungslandschaft führt. Überblicksarbeiten existieren kaum. Festzustellen ist außerdem, dass Soziale Medien in der Debatte oft verkürzt als „monolithic entity“ (Eriksson u. Olsson 2016, 198) behandelt werden ohne einen differenzierten Blick auf die Vielfalt an Plattformen oder ihre diversen, sich teilweise verflechtenden, Funktionen in Krisen zu werfen. In der Humangeographie fehlt eine systematische Auseinandersetzung mit Sozialen Medien im Kontext von Krisen bislang weitgehend. Hier setzt der Beitrag an: Auf Basis einer Literaturreview bestehender humangeographischer, sozial- und organisationswissenschaftlicher Forschung wird der aktuelle Forschungsstand in einer für die Humangeographie fruchtbaren Weise systematisiert vorgestellt. Der Beitrag soll helfen, Anknüpfungspunkte und Perspektiven humangeographischer Forschung zu identifizieren.
Eriksson, Mats und Olsson, Eva-Karin. 2016. “Facebook and Twitter in Crisis Communication: A Comparative Study of Crisis Communication Professionals and Citizens.” Journal of Contingencies and Crisis Management 24 (4): 198-208.