Stadt- oder Regionalplanung? Governance-Shifts und veränderte Planungsinstrumente nach veränderte raumkategorialer Abgrenzung für die Kleinstadt nach Gebietsreformen

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 1.108
Autor*innen
Arvid Krüger (Universität Kassel)
Kurz­be­schreib­ung
Ob mehrere Gebietseinheiten im ländlichen Raum beim gemeinsamen Tun interkommunale oder innergemeindliche Planung betreiben, hängt davon ab, wie die Gemeinden des Landes verfasst sind (z.B. vor/nach Gebietsreformen). Das ist für die Anwendung von raumplanerischen Methoden von Belang, je nachdem, ob sie der Stadt- oder der Regionalentwicklung entlehnt sind. Die Kleinstadt wird vom Zentralen Ort in der Nachbarschaft zum kommunalen Daseinsvorsorger – aus regionaler wird kommunale Governance, ohne den territorialen Bezug zu verändern. Hier liegt ein Potenzial, wie auf Basis dieser administrativen Abgrenzung als Kommune statt als teilregionaler Zusammenhang bei gleicher Territorialität die Transformationsherausforderungen wie Klimaanpassung, Energie- und Mobilitätswende in der „Provinz“ besser gelingen können.

Abstract

Die Folge der Gebietsreformen in Thüringen (und anderswo) ist eine Vielfalt von Konstellationen kommunalen Administrierens und Planens. Dies verändert die Voraussetzungen für die lokale Governance hinsichtlich der Entscheidungsfindungen über Daseinsvorsorge und transformativer Stadtentwicklungspolitik (Klimaanpassung, Mobilitäts- und Energiewende) gerade im ländlichen Raum. Zudem verwischen die Grenzen zwischen Stadtplanung/kommunaler Ebene und Regionalplanung/Ebene der Raumordnung – mit all den denkbarem Konsequenzen für Passfähigkeit und Anwendbarkeit der (theoretisch fundierten) Instrumente der Raumplanung. Durch das BMBF-Forschungsprojekt ISDN (2021-24) ist es möglich, am Beispiel der Gemeinden Schmölln und Gößnitz, der (jüngst) eingemeindeten, aber auch der von beiden mitverwalteten dörflichen Gemeinden zu eruieren, welche Wechselwirkungen zwischen den planerischen Entscheidungen hinsichtlich Daseinsvorsorge und Nachhaltigkeit einerseits und den administrativen Grenzziehungen und -verschiebungen andererseits bestehen. Durch die Eingemeindung dörflicher Ortsteile in einer Kleinstadt findet de facto eine Kommunalisierung regionaler Planungserfordernisse auf grund- und mittelzentraler Ebene statt. Zugleich wird die professionell aufgestellte Kleinstadt-Administration für dörfliche Daseinsvorsorgestandortentwicklungen nutzbar, wo die dörflichen Gemeinden zuvor durch Amtsangehörigkeit o.ä. eher auf (zusätzliche) informelle, interkommunale Planungsstrukturen angewiesen waren bzw. Infrastrukturprojekte aufgrund fehlender Verwaltungsressourcen scheiterten.

Auf Basis dieser gemeindespezifischen, dennoch mindestens innerhalb des Bundeslands übertragbaren Fragestellung kann ein Diskussionsbeitrag dazu geleistet werden, wie die Kleinstadt in Thüringen ihre Rolle verändert, z.B. weniger der Zentrale Ort in der Nachbarschaft zu sein als die eigentliche kommunale administrative Ebene, in der grund- und mittelzentrale Versorgungslogiken kommunal gesteuert werden (und ein sozialer Infrastrukturstandort auf dem Dorf administrativ und damit in Sachen Governance das gleiche ist/wird wie ein anderer sozialer Infrastrukturstandort im Quartier XY der Kleinstadt). Es findet eine de facto Kommunalisierung regionaler Planungserfordernisse auf grund- und mittelzentraler Ebene statt. Zudem kann anhand der in dem BMBF-Projekt erforschten lokalen Governance einer flächengroßen Kleinstadt erläutert werden, worin die Potenziale liegen, auf Basis dieser administrativen Abgrenzung die Transformationsherausforderungen wie Klimaanpassung, Energie- und Mobilitätswende in der „Provinz“ besser gelingen können.

Siehe hierzu auch: Krüger, Arvid (2022): Die Problematik fragmentierter Verwaltungsstrukturen; (Un‑)Überwindbare Hürden für Daseinsvorsorge und Stadtentwicklung im ländlichen Raum?; veröffentlicht auf: https://kommunen-innovativ.de/die-problematik-fragmentierter-verwaltungsstrukturen