Standortverlagerungen von Familien am Stadtrand: Kein Neuanfang in Zeiten der Krise
Abstract
Für lange Zeit, von Mitte des 20. Jahrhunderts bis Ende der 1990er Jahre, vollzogen sich Wanderungsbewegungen zum Großteil in eine Richtung: nämlich an den Stadtrand und in angrenzende Gemeinden. Der Prozess der Suburbanisierung, der maßgeblich von Familiengründungen getragen wurde, verringerte sich zu Beginn der 2000er Jahre. Für die letzten Jahre kann erneut von vermehrten Suburbanisierungsbewegungen ausgegangen werden. Die jüngsten Krisen und gesellschaftlichen sowie strukturellen Veränderungen werden sich nun ebenfalls auf die Standortpräferenzen auswirken. Welche Rolle diese bei Standortentscheidungen spielen, gilt es zu untersuchen.
Dieser Beitrag nimmt aus einer qualitativen Perspektive das Alltagsleben von Menschen am Stadtrand in den Blick und trägt zur Frage zukünftiger Standortverlagerungen von Familien in Suburbia bei. Am Beispiel von Widdersdorf-Süd, eines der größten, privat entwickelten Neubaugebiete der letzten Jahrzehnte in Köln, wird den aktuellen Lebensrealitäten am Stadtrand nachgespürt.
Die Ergebnisse zeigen, dass Familien, die in den letzten Jahren zur Familiengründung an den Stadtrand gezogen sind und Eigentum gebildet haben, durch die jüngeren Krisen nicht dazu veranlasst werden, ihren Wohnstandort grundlegend zu überdenken oder gar nach Alternativen zu suchen. Die Nebeneffekte der Coronapandemie, wie beispielsweise flexiblere Regelungen für Homeoffice-Tätigkeiten, können sich dabei erleichternd auf den familiären Alltag auswirken. Zukünftige Standortentscheidungen und der Umgang mit der eigenen Immobilie stehen für die Familien vorrangig mit den familiären und beruflichen Anforderungen des Alltags in Verbindung und weniger mit den Auswirkungen der Coronapandemie oder den Unsicherheiten im Zuge der Energiekrise.