Stellt euch vor, es ist Sitzung und niemand geht hin: Über akademische Demokratie und Diversität reflektieren
Abstract
„Gegen jeden, der es unternimmt, diese [die verfassungsrechtliche] Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“
Das in Art. 20 Abs. 4 GG gewährte Recht zum Widerstand ist Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die Verfasser zielten damit auf die Bewahrung einer bestehenden Ordnung; womit das Recht zum Widerstand ein Recht zum Bewahren ist; und damit erklärt sich letztendlich auch warum sich beispielsweise Klimakleber und deren Ankläger auf das gleiche Gesetz beziehen können. Aka-demiker*innen vermeiden es weitgehend sich widerständigen Praktiken anzuschließen; sie wollen sich aus Gründen der Neutralität und Objektivität nicht für politische und damit für ideologische Debatten einspannen lassen. Demokratische Mitbestimmung soll – innerhalb und außerhalb der Akademie – in geordneten Bahnen im Rahmen der demokratischen Mittel und somit nicht durch Widerständigkeit, sondern durch Partizipation erfolgen. Die Konsequenzen dessen sind die Ökonomisierung der Wissenschaft durch New Public Management (vgl. Hoffmann & Neumann 2003, Kellermann, Boni & Meyer-Renschhausen 2009), die Quantifizierung von wissenschaftlicher Qualität durch Publikationsindizes und Drittmittelleistungen sowie die Ausrichtung der akademischen Hochschullehre auf Kompetenzorientierung (vgl. Jaudzims 2011) und Employability (vgl. Schaper, Schlömer & Paechter 2010). Wissenschaftler*innen haben demokratisch eine Akademie erschaffen, die Forschungsinteressen und Forschendenbiographien vereinheitlicht und das Hamsterrad von Forschung und Lehre als intrinsische Motivation hochmotivierter und engagierter Individuen hegemonial einarbeitet. Demokratie spielen ist aber nicht das Gleiche wie Demokratie zu leben. Es ist Zeit zum Widerstand, der nicht neu erfunden, sondern breit unterstützt werden muss. Slow Science (Webseite Slow Science), Better Science (Webseite: Better Science) und Protestaktionen Einzelner (Webseite NZZ Julia Steinberger, NZZ Mittelbau) sind vorhanden. Sie müssen als Widerstandpraktiken anerkannt werden.