Suffizienzpolitik: Neue Perspektiven für eine nachhaltige Gemeindeentwicklung

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 7
Autor*innen
Tonja Iten (Eidgenössische Forschungsanstalt WSL)
Yasmine Willi (Eidgenössische Forschungsanstalt WSL)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag beschäftigt sich mit Suffizienzpolitik auf Gemeindeebene. Hierzu entwickeln wir eine Definition und ein Framework, untersuchen damit das Vorhandensein und die Realisierung von Suffizienzpolitiken in ländlichen Gemeinden in der Schweiz und präsentieren die Ergebnisse aus den qualitativen Befragungen.
Schlag­wörter
Suffizienzpolitik, Nachhaltige Entwicklung, ländliche Räume, Gemeinden

Abstract

Die globalen sozialen und ökologischen Krisen, wie die Klimakrise oder das weltweite Artensterben, stellen die lokale Ebene vor grosse Herausforderungen. Als Antwort darauf bekennen sich immer mehr Gemeinden zu ambitionierten Nachhaltigkeitszielen, wie Netto-Null oder den Sustainable Development Goals (SDG), und suchen nach Wegen, ihren Ressourcenverbrauch und Treibhausgas-Ausstoss zu reduzieren. Suffizienz als Nachhaltigkeitsstrategie bietet einen möglichen Ansatz für die entsprechenden Herausforderungen. Wir verstehen Suffizienz als eine Strategie, die auf die Veränderung von Konsums- und Produktionsweisen abzielt, um den Ressourcenverbrauch auf ein ökologisch verträgliches Mass zu reduzieren und gleichzeitig die Grundbedürfnisse zu befriedigen. Sie stellt ein vielversprechendes Komplement zu den technologiefokussierten Strategien der Effizienz und Konsistenz dar, die bisher seitens Wissenschaft und Politik priorisiert, aber zunehmend als unzureichend kritisiert werden. In jüngster Zeit interessieren sich Wissenschaftler*innen und politischen Entscheidungsträger*innen deshalb immer stärker dafür, wie Suffizienzansätze in Politik und Planung integriert werden können. Doch bislang fehlt ein gemeinsames Verständnis darüber, was Suffizienzpolitik ist und wie sie umgesetzt werden kann. In der akademischen und grauen Literatur finden sich diverse und teilweise widersprüchliche Konzeptualisierungen von Suffizienz und Suffizienzpolitik, und für die Gemeindeebene existieren kaum Untersuchungen, weder konzeptuell noch empirisch. Dabei spielt gerade diese eine wichtige Rolle darin, die Gesellschaft nachhaltiger zu machen: Gemeinden sind u. a. dafür verantwortlich, dass wichtige Dienstleistungen erbracht und Grunddaseinsfunktionen aufrechterhalten werden. Dadurch setzen sie die Rahmenbedingungen alltäglichen Handelns und können so Konsum- und Produktionsweisen gestalten.

Basierend auf einem umfassenden Review schlagen wir eine Definition und ein Framework für kommunale Suffizienzpolitik vor. Mithilfe des vorgeschlagenen Frameworks untersuchen wir das Vorhandensein und die Realisierung von Suffizienzpolitiken in ländlichen Gemeinden in der Schweiz und präsentieren die Ergebnisse aus den qualitativen Befragungen in 46 Gemeinden. Basierend auf den Interviews mit Gemeindeverantwortlichen identifizieren wir fördernde und hindernde Einflussfaktoren von Suffizienzpolitiken und diskutieren, wie diese angegangen werden können. Damit tragen wir zu einem besseren Verständnis von Suffizienzpolitik und ihrer Umsetzung auf der Gemeindeebene bei und zeigen, wie sie einen wichtigen Beitrag für ‚Sustainable Futures‘ leisten kann.