[ABGESAGT] Urbane Ethiken im Fokus einer sozial-ökologischen Transformation

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
HZ 9
Autor*innen
Marie Aschenbrenner (LMU München)
Kurz­be­schreib­ung
Ethik / ethisches Denken ist zentraler Teil transformativer, human-geographischer Ansätze. Der Beitrag entwirft „urbane Ethiken“ als Denkansatz um komplexe Aushandlungen städtischen (Zusammen-)Lebens zu erfassen und kritische Fragen von Macht aber auch das politische und transformative Potential von Ethik in den Blick zu nehmen.
Schlag­wörter
Städtische Transformation, Urbane Ethiken, Pluralität, Koexistenz, Intervention

Abstract

Wie soll man in der Stadt leben? Was ist und wie geht „gutes“ und „richtiges“ Leben im Kontext einer urbanen, sozial-ökologischen Transformation? Geht es nicht vielmehr um „gutes“ Zusammenleben statt individueller „richtiger“ Lebensführung? Wie können wir „urbane Ethiken“ als kritisches Feld begreifen, in dem nicht nur Fragen der individuellen Lebensführung, sondern von Regieren, Subjektivität, Postkolonialismus, Koexistenz, und einer „nachhaltigen“ Zukunft verhandelt werden?

Inspiriert von dreijähriger, interdisziplinärer Zusammenarbeit und Reflexion in der DFG-geförderten Forschungsgruppe „Urbane Ethiken“ (siehe Dürr et al. 2019; Ege & Moser 2020) konzeptualisiert der Beitrag urbane Ethiken als ein Feld von „ethischen“ Forderungen, Behauptungen und Diskursen – rund um die Frage: „wie soll man in der Stadt leben“? Während eine Konjunktur des Ethischen weltweit und besonders im Kontext städtischer Transformationsfragen zu beobachten ist (Dürr et al. 2019; Fischer 2020), theoretisiert der Beitrag (urbane) Ethiken aus der Forschungspraxis rund um den Hauraki Gulf Tīkapa Moana, Tāmaki Makaurau / Auckland, Aotearoa Neuseeland. Hierdurch eröffnen sich urbane Ethiken als ein Interaktionsfeld, in dem Pluralität, Subjektivität, Fragen politischer Teilhabe, sozialer und postkolonialer Gerechtigkeit verhandelt werden. Fragen und Forderungen individueller „guter“ (richtiger, nachhaltiger, bewusster, usw.) Lebensführung stehen neben (und sind verwoben mit) komplexen ethischen Systemen, in denen die Möglichkeit eines ethischen Lebens sich nicht als individuelle Formation und Arbeiten am Selbst begreifen lässt, sondern als relational und in enger Verbundenheit mit Konzepten wie mana (Macht, Autorität), utu (Ausgewogenheit, Reziprozität), katiakitanga (Schutz, Pflegschaft), whakapapa (genealogische Verbundenheit, Beziehungen) als auch der Rückgabe gestohlenen Lands/Wassers und dem reclaiming Indigener Normen des Land/Wasser-managements (Waitoa & Dombroski 2020, eigene Übersetzung). Ein analytischer Fokus auf urban-ethische Problematisierungen und Forderungen öffnet so den Blick für kritische Fragen rund um die ontologische Gewalt bestimmter „ethischer“ Imperative und Vorstellungen im Rahmen der großen Transformation, aber auch das politische und transformative Potential von Ethik(en), wenn diese in ihrer Pluralität und ihrem Zusammenkommen und Entstehen betrachtet werden.

Mit seinem Fokus auf Ethik(en) greift der Beitrag eine Tradition humangeographischen Denkens auf, in der die Problematisierung und Fragen von „Ethik“ wichtiger Teil einer performativen und transformativen Forschungspraxis sind (siehe z.B. Gibson-Graham 2008).