Verändertes Raumwissen und die Förderung wechselseitigen Vertrauens von Polizei, Ordnungsdienst und Stadtgesellschaft

Vortrag
Teil der Sitzung
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 0.101
Autor*innen
Tim Lukas (Bergische Universität Wuppertal)
Josua Schneider (Bergische Universität Wuppertal)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag diskutiert die im Projekt EQAL erarbeiteten Inhalte und Maßnahmen zur Förderung wechselseitigen Vertrauens von Polizei, Ordnungsdienst und Stadtgesellschaft im Kontext der polizeispezifischen Konstruktion von Raumwissen.
Schlag­wörter
Polizei, polizeiliches Handeln, Raum(ordnung), Wissensproduktion

Abstract

Polizeiliches Handlungs- und Erfahrungswissen zeigt sich vornehmlich in direktem Zusammenhang mit städtischen Raumwissen, das mit den sozialen Kategorien Geschlecht, Klasse und Ethnie in Wechselwirkung steht und bei Polizist*innen zu Schlussfolgerungen über Straftaten und Tatverdächtige führen kann (Hunold, Dangelmaier und Brauer 2020, 24; Hunold 2015). Im Rahmen dieser polizeispezifischen Raumkonstitution dient der Rückgriff auf Strukturkategorien nicht nur zur Einordnung von dienstalltäglichen Erlebnissen, sondern erweitert stetig den polizeilichen Wissensbestand, aus dem mitunter Handlungsorientierungen als auch spezifische Verdachtskonstruktionen und Kriminalisierungsprozesse resultieren (Hunold, Dangelmaier und Brauer 2020, 40). Die der polizeilichen Raumkonstitution inhärenten Logiken und daraus resultierenden Handlungsprämissen können über Kontrollpraktiken und Gewaltausübung Raumordnungen erschaffen und verstetigen. Polizeiarbeit als Praxis der Verräumlichung (Jacobsen 2001) hat somit das Potential, durch räumliche Differenzierung eine Ungleichbehandlung von Personengruppen vorzunehmen (Dangelmaier und Brauer 2020, 215 f.), was einerseits deren Kriminalisierung durch verstetigte Deutungsmuster Vorschub leistet, andererseits auch einen starken Vertrauensverlust in die Polizei evozieren kann. Vertrauen in die Polizei(arbeit) stellt jedoch eine zentrale Grundlage für das Funktionieren des demokratischen Rechtstaats, die wahrgenommene Legitimität der Polizei und das kooperative Verhalten der Bürger*innen dar.

Vorangegangene Forschungsarbeiten wie etwa die Ergebnisse der jüngsten bundesweiten Opferbefragung zeigen, dass das Vertrauen in die Polizei je nach ethnisch-sozialer Gruppenzugehörigkeit sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Insbesondere bei jungen Menschen und bei Personen mit Migrationsgeschichte ist das Vertrauen in die polizeiliche Effektivität und Fairness signifikant eingeschränkt (Birkel et al. 2022). Zugleich stellen rechtsextreme Vorfälle in einzelnen Dienst- und Chatgruppen, Diskussionen um Racial Profiling in der Polizei und die Thematisierung von Polizeigewalt im Kontext der Black Lives Matter-Bewegung Problemlagen dar, die sich nachteilig auf das Vertrauen zwischen Polizei und migrantisierten Communities auswirken können.

Der Beitrag stellt das durch das BAMF geförderte Projekt EQAL vor, das sich mit einem räumlichen Fokus auf den Stadtbezirk Düsseldorf-Oberbilk der Entwicklung eines quartiersbezogenen Austauschs- und Lernprogramms im Polizeipräsidium Düsseldorf zwecks Förderung des wechselseitigen Verständnisses von Polizei, kommunalem Ordnungsdienst und Stadtgesellschaft widmet. Es werden die Projektinhalte und -maßnahmen im Kontext der polizeispezifischen Konstruktion von Raumwissen und deren Bedeutung für die Bildung und den Erhalt von Vertrauen innerhalb der Bevölkerung diskutiert sowie Herangehensweisen, mittels derer Ungleichbehandlungen durch und Vertrauensverlust in die Polizei verringert werden sollen.