Von der unliebsamen Konkurrenz zum gesundheitlichen Risiko: Diskursive Dynamiken um tschechische Grenzpendler*innen in der bayerischen Lokalpresse von 2006 bis 2021
Abstract
Multiple und sich teils überlappende Krisen weisen derzeit auch abseits eines rein territorialen Verständnisses von Raum auf die anhaltende gesellschaftliche Bedeutung von Grenzziehungen hin. Gleichzeitig veranschaulicht das sukzessive Ausklingen der Covid-19-Pandemie ihre latente Flüchtigkeit in der modernen Welt. Aus wissenschaftlicher Perspektive geht damit die Herausforderung einher, sich der kontinuierlich wandelnden Vielfalt sozialräumlicher Differenzierungen empirisch anzunähern. Der vorliegende Beitrag leistet dazu einen Beitrag, indem er die Debatte um Grenzpendler*innen entlang der bayerisch-tschechischen Grenze aus einer langfristigen Perspektive betrachtet. Er stellt die Diskurse zweier bayerischer Lokalzeitungen zwischen den Jahren 2006 und 2021 vergleichend gegenüber und geht der Frage nach, inwiefern sich Häufigkeit und Inhalt der Berichterstattung zu Grenzpendler*innen im Laufe der Zeit verändert haben. Die Ergebnisse unterstützen einerseits die Annahme, dass Covid-19 und die damit verbundenen Grenzschließungen zu einer gesteigerten Wahrnehmung grenzüberschreitender Verflechtungen beigetragen haben. Andererseits belegen sie die normative Ambivalenz und Flüchtigkeit grenzbezogener Diskurse vor dem Hintergrund krisenhafter Ereignisse. Mit Blick auf die aktuelle Debatte um grenzregionale Resilienz plädiert der Beitrag deshalb für eine stärkere Berücksichtigung diskursiver Dynamiken auf lokaler Ebene.